Ein pflichtgetreuer Diener des Hauses Habsburg

Karl I.
Karl I.(c) Dpa PA (PA)
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Anton Lehár, der Komponisten-Bruder und Generalmajor, wollte Karl I. die ungarische Stephanskrone verschaffen. Als König Karol IV. hatte er nie auf die Stephanskrone verzichtet.

Franz Lehár, den Komponisten, kennt man auch heute noch. Sein Bruder Anton war zu Lebzeiten mindestens so berühmt. Von diesem Glanz, der in seinem Falle kriegerisch und politisch war, zeugt heute nichts mehr. Dabei stand des Kaisers Obrist Anton Freiherr von Lehár zweimal im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Im Ersten Weltkrieg errang er als Kommandeur an der Piave die höchste militärische Auszeichnung, die die Monarchie zu vergeben hatte – den Militär-Maria-Theresien-Orden. Nur ein zweiter Soldat führte wie er bis zum Weltuntergang 1918 dieses Ritterkreuz des Ordens und zugleich die Goldene Tapferkeitsmedaille: Gottfried Ritter v. Banfield.

Man optierte für Ungarn

Lehárs zweiter Auftritt auf der Kriegsbühne ereignete sich nach dem Ende dieser Militärkatastrophe. Das Österreich, dem er diente, gab es plötzlich nicht mehr. Man kannte nur noch Nationalitäten. Aber was waren die Lehárs? Tschechen, Ungarn, Slowaken, Deutsche? Sie optierten letztlich für Ungarn – „unter schweren Gesinnungskonflikten“, wie Anton zugibt. Franz hingegen wollte um jeden Preis Ungar sein.

Nach der Episode der kommunistischen Rätediktatur Béla Kuns in Ungarn sah Lehár eine Chance für den früheren Kaiser Karl I., der im Schweizer Exil wartete. Als König Karol IV. hatte er nie auf die Stephanskrone verzichtet, zweimal suchte Lehár an der Spitze einer kleinen, treu ergebenen Truppe seinem König den Weg nach Budapest zu bahnen. Man scheiterte zweimal – mit den bekannten Folgen für Karl und seine Familie.

Lehár durfte sich zwar nun General nennen, aber er musste flüchten. Sein Ungarn hat er nie mehr wiedergesehen. Über Prag ging es nach Bayern. Erst 1926 bekam er wieder Boden unter den Füßen, er wurde in Berlin Direktor der Gesellschaft „Autoren, Komponisten und Musikverleger“ (AKM).

Georg Reichlin-Meldegg, mütterlicherseits mit den Lehárs verwandt, schildert akribisch den weiteren Lebensweg der beiden Brüder durch die Zeit der NS-Herrschaft und ihren Lebensabend. Mit der Biografie des minder berühmten Lehár-Bruders ist ihm ein Lückenschluss in der Militärhistoriografie gelingen, nebenbei aber auch eine faszinierende Lebensschilderung.

Der Maria-Theresien-Orden

Der Autor fügt übrigens in einer Fußnote die Statuten des MThO bei. In der Welt des Militärs ist es wohl einzigartig, dass man selbst um die Verleihung einkommen musste! Wer also glaubte, eine hervorstechende Waffentat glücklich zum Ende gebracht zu haben, konnte darum ansuchen. Sechs Offiziere, die nicht Untergebene sein durften, mussten dies auf Ehre und Pflicht bestätigen. Dann war das Militärarchiv an der Reihe, letztlich entschied das Ordenskapitel. Von 1072 derartigen Ansuchen gelangten nur 116 bis November 1918 zur Promotion. Nach dem Tod musste die Dekoration dem Heeresmuseum übergeben werden. Das jährliche Ehrengeschenk von 2000 Gulden war natürlich nach dem Krieg durch die galoppierende Inflation so gut wie nichts mehr wert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2012)

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