Neue Beweise: Flugzeug von UN-Chef abgeschossen?

Wurde Flugzeug UNChef 1961
Wurde Flugzeug UNChef 1961(c) Imago
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Eine Untersuchungskommission empfiehlt, den Tod des Schweden Dag Hammarskjöld 1961 noch einmal zu untersuchen. Manches deute auf einen Abschuss der Maschine über dem heutigen Sambia hin.

Seit 52 Jahren ranken sich um diesen Flugzeugcrash wüste Gerüchte und Verschwörungstheorien: Am 17. September 1961 stürzte eine DC6 über dem heutigen Sambia ab, das damals noch Nordrhodesien hieß. Niemand würde sich heute mehr daran erinnern, wäre nicht an Bord der höchste Repräsentant der Vereinten Nationen gesessen: UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld. Der Schwede war auf einer heiklen Vermittlungsmission zwischen der kongolesischen Regierung und Rebellen aus dem rohstoffreichen Katanga.

Was tatsächlich in dieser Nacht geschah, ist bis heute ungewiss. Denn die Unglücksursache wurde nie zweifelsfrei festgestellt. Ein erster britischer Bericht, der von einem Pilotenfehler ausging, wurde immer wieder in Zweifel gezogen.

Nun plädiert eine internationale Untersuchungskommission dafür, den Absturz, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen, noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Es gibt nämlich neue Beweise. Und deshalb sollte die Möglichkeit, dass Hammarskjölds Flugzeug abgeschossen wurde, ernsthaft in Betracht gezogen werden, befand das Gremium. Diesem gehört unter anderem Richard Goldstone an, der ehemalige Chefankläger an den Haager Kriegsverbrechertribunal für Ruanda und Ex-Jugoslawien. "Es gibt überzeugende Beweise, dass das Flugzeug attackiert oder bedroht wurde, als es sich im Landeanflug auf Ndola befand", heißt es in dem Bericht.

NSA könnte Licht in die Angelegenheit bringen

Aufgetaucht sind offenbar nicht nur Zeugenaussagen mehrerer Personen, die sprühene Funken, eine Art Blitz oder ein sehr helles Licht am Himmel gesehen haben wollten, sondern sogar das angebliche Geständnis eines belgischen Piloten, auf die DC6 mit Namen "Albertina" geschossen zu haben. Zudem gibt es die Aussage eines Mannes, der ein zweites Flugzeug gesehen haben will, das seine Suchscheinwerfer auf die Albertina gerichtet habe.

Licht ins Dunkel bringen könnte möglicherweise der US-Geheimdienst NSA. Wie Goldstone und seine Richterkollegen festhielten, gibt es bisher streng geheimgehaltene Dokumente der NSA, die abgehörte Funksprüche von Militärflugzeugen in der Region enthalten sollen. Auch nach 52 Jahren werden sie noch als "top secret" eingestuft. Die Richter appellieren an die USA, die Dokumente endlich freizugeben.

Der britische "Guardian" hatte bereits vor zwei Jahren von neuen Beweisen berichtet, die auf einen Abschuss hindeuteten. Reporter der Zeitung hatten damals Augenzeugen befragt, die im Zuge der offiziellen Untersuchungen übergangen worden waren, warum auch immer.

Wem nützte der Tod des Generalsekretärs?

Stellt sich die Frage, wer ein Interesse am Tod des Schweden gehabt haben könnte. Hammarskjöld war noch ein unbequemer UN-Generalsekretär, die USA waren auf ihn ebenso schlecht zu sprechen wie die Briten, die Franzosen und die Belgier, aber auch die Sowjets. Als starker Befürworter der Dekolonisierung machte er sich gerade in London, Paris und Brüssel wenig Freunde. Kurz vor dem Absturz hatte der UN-Generalsekretär eine Militäraktion von UN-Truppen gegen Rebellen in Katanga angeordnet, Rebellen, die von westlichen Bergbaufirmen unterstützt wurden. Aber reicht das, um einen UN-Generalsekretär zu töten?

Nun ist die UN-Vollversammlung am Zug. Sie muss entscheiden, ob auf Basis der neu aufgetauchten Beweise und der Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission der Fall noch einmal neu aufgerollt wird.

(APA/hd)

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