"Erinnern tut weh": Holocaust-Gedenken am Wiener Heldenplatz

Holocaust Gedenken
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In den Reden von Zeitzeugen und Politikern wirkten vor allem die Geschehnisse rund um den Akademikerball nach.

Hunderte Menschen versammelten sich am Montagabend bei Minusgraden am Wiener Heldenplatz, um anlässlich des 69. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau der Opfer des Holocausts zu gedenken. In den Reden von Zeitzeugen und Politikern wirkten dabei vor allem die Geschehnisse rund um den am Freitag veranstalteten Akademikerball und die Proteste gegen den Ball nach.

"Erinnern tut weh, ist jedoch unverzichtbar. Es ist unsere Verpflichtung gegenüber den Opfern und den nächsten Generationen", erklärte der Präsident der Israelischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch. Gerade im Angesicht des zunehmenden Antisemitismus in Europa sei die Erinnerung und Wachsamkeit umso wichtiger. "Auch in Österreich werden ständig Grenzen sanktionslos überschritten", so Deutsch.

Er forderte deshalb die Einrichtung des 27. Jänners – derzeit internationaler Holocaust-Gedenktag – als offiziellen Gedenktag in Österreich. Begleitet wurde die Gedenkzeremonie – zu der auch ein von Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg gesprochenes traditionelles Totengebet und eine Kranzniederlegung gehörte – von Liedern des Jüdischen Chors.

Kritik an Akademikerball

Weil von diesem Platz Unrecht ausgegangen sei, trage Wien ein hohes Maß an Verantwortung, gab Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) zu bedenken, eine besondere Verantwortung in der Wortwahl, im Umgang mit Freiheitsrechten und Minderheiten. Und auch die Verantwortung, "dass eine Veranstaltung, die den Appell von Überlebenden negiert, nichts in der Hofburg zu suchen hat", wie er unter lautem Applaus betonte.

"Es geht nicht immer nur um Recht, sondern auch um Moral", so Mailath-Pokorny. Eine Gruppierung, die sich nicht ausreichend von rechtsextremem Gedankengut distanziere, müsse auch damit leben, "dass man ihnen repräsentative Orte nicht anbietet". Der Kulturstadtrat kritisierte wie viele Redner neben ihm auch den Umgang mit den Protesten gegen den Akademikerball: "Die Versammlungsfreiheit wurde eingeschränkt, die öffentliche Sicherheit aber nicht gewonnen. Das darf nächstes Mal nicht mehr passieren."

"Demokratie ist kein Geschenk, wir müssen uns sie jeden Tag erarbeiten", so David Ellensohn, Klubobmann der Wiener Grünen. Die Aufgabe beschränke sich nicht nur auf das Gedenken, sondern auch auf klare Abgrenzung gegenüber rechtsextremen Tendenzen. Auch Manfred Juraczka, Obmann der Wiener ÖVP, hob das "selbstverständliche, aber so wichtigere Bekenntnis" zu Erinnern und Gedenken hervor. "Wir müssen für ein Österreich arbeiten, das aus der Geschichte gelernt hat."

"Ich stehe heute hier, nur wenige Tage nach dem Akademikerball, um Zeugnis abzulegen", erzählte Zeitzeugin Miriam Auerbach, die als Jugendliche gemeinsam mit ihrer Familie nach Auschwitz deportiert wurde und dort zusammen mit ihrer Zwillingsschwester in der sogenannten Zwillingsbaracke vom Lagerarzt Josef Mengele gequält und diversen Experimenten unterworfen wurde. Den "Todesmarsch" in den Westen überlebten sie und ihre Schwester nur knapp. "Diejenigen, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern, sind gezwungen, sie zu wiederholen", so Auerbachs abschließender Appell.

Am 27. Jänner 1945 befreiten sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. 2005 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 27. Jänner zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Während des nationalsozialistischen Regimes im Zweiten Weltkrieg wurden in Europa rund sechs Millionen Juden ermordet.

(APA)

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