12. Feburar 1934: Schlüsselfigur im Bürgerkrieg

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Wer war Richard Bernaschek? Auf der Spurensuche nach einem Arbeiterführer, der zuerst von den Nazis gerettet und dann doch umgebracht wurde.

Ein Arbeiterführer, dem die österreichischen Nationalsozialisten das Leben retteten – damit er es schließlich 1945 im KZ dennoch verlieren sollte: Vor 75 Jahren, im Februar des Jahres 1934, schaffte es der Schlosser Richard Bernaschek für ein paar Tage zu internationaler Berühmtheit. Er sorgte für jenen Funken, der das Pulverfass in die Luft jagte, das sich damals österreichische Innenpolitik nannte – Richard Bernaschek, der Mann aus dem Linzer „Hotel Schiff“.

Hier befand sich – jeglicher Taktik zum Hohn – die Einsatzzentrale des oberösterreichischen Schutzbundes, also des militärischen Armes der Sozialdemokratie. Die „schwarze“ Heimwehr fieberte nur dem Kommando ihres Bundesführers Emil Fey entgegen, die Schutzbündler zu entwaffnen. Der Vizekanzler war entschlossen, mit eigenmächtigen Hausdurchsuchungen den autoritär regierenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß zu zwingen, die SDAP endlich zu verbieten. Was ja dann auch geschah.

So trieben die beiden unversöhnlichen Lager ausweglos der blutigen Konfrontation zu. Bernaschek, inzwischen auch oberösterreichischer Landesparteisekretär, stellte sich auf einen bewaffneten Widerstand vor, sollte die Heimwehr bei ihm Durchsuchungen wagen. Eine Weisung der Wiener Parteileitung, noch stillzuhalten, erreichte Bernaschek nicht mehr. Sie war von der Polizei abgefangen worden: „Das Befinden des Onkels Otto und der Tante wird sich erst morgen entscheiden. Ärzte raten abzuwarten, vorerst noch nichts unternehmen. Tantes Zustand fast hoffnungslos. Verschiebe deshalb Operation bis nach Ärztekonsilium am Montag.“

Am 12. Februar, um 7.30, begann im Linzer „Hotel Schiff“ die Suche der Heimwehr nach dem umfangreichen Waffendepot. Die in die Enge getriebenen Schutzbündler begannen aus dem Innenhof zu schießen, während Bernaschek abgeführt wurde. Der österreichische Bürgerkrieg hatte begonnen. Er dauerte drei Tage, gekämpft wurde vor allem in Oberösterreich, in der Steiermark und natürlich in Wien um jeden Gemeindebau. Die schreckliche Bilanz: 200 tote Schutzbündler, 128 gefallene Polizisten und Regierungssoldaten.

Aber was passierte mit dem Aufrührer Bernaschek? Er kam in U-Haft, Tod durch den Strang erschien gewiss. Da half ihm ein illegaler Nazi, der das Dollfuß-Regime genauso hasste wie es die SDAP tat: Der Justizwachbeamte Karl Dobler schmuggelte Bernaschek über Schärding zu seinen Gesinnungsgenossen nach Bayern.

Während in Graz, Linz und Wien die gescheiterten Widerständler zum Galgen geschleppt wurden, wussten die Nazis in München ihre wertvolle Beute Richard Bernaschek durchaus zu schätzen. Sie versuchten, ihn ideologisch „umzudrehen“ und der „Österreichischen Legion“ einzuverleiben, die sich aus geflohenen illegalen Nazis formierte. Bei zwei Bernaschek-Begleitern gelang dies auch, er selbst wurde schließlich Ende Mai – mit Geld und falschem Pass ausgestattet – in die Schweiz abgeschoben.

Nach einer Odyssee durch halb Europa – auch in Moskau war er – konnte Bernaschek 1939 als Maschinenmeister wieder in Linz Fuß fassen, er musste nicht einrücken. Aber am 21. Juli 1944, also bereits einen Tag nach dem missglückten Stauffenberg-Attentat, holte ihn die Gestapo. Im KZ Mauthausen wurde Bernaschek gefoltert und schwer verletzt. 19 Tage vor der Befreiung durch die US-Army, am 18. April 1945 also, tötete ihn ein SS-Oberscharführer durch Genickschuss. Seine Leiche wurde sofort auf dem Gelände des Konzentrationslagers verbrannt. hws

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2009)

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