Sonntagabend auf FS 2: „Twin Peaks“ schauen

Der ORF zeigte das Original der Serie ab September 1991. Wie kommentierten Printmedien das? Eine Archivschau.

Schnell hatte sich im Jahr 1990 die Kunde von dieser neuen, andersartigen Serie aus den USA in Europa herumgesprochen. Die Amerikaner waren in dieses von David Lynch inszenierte Mysterientheater hineingekippt, auch wenn es gar nicht so leicht war, all den Figuren und Handlungssträngen zu folgen. Nur 17 Monate nach der Erstausstrahlung in den USA auf dem Sender ABC hatte „Twin Peaks“ im deutschsprachigen Fernsehen Premiere. Der deutsche Privatsender RTL plus und der ORF zeigten die Pilotfolge in synchronisierter Fassung zeitgleich am 10. September. Im Folgenden lief „Twin Peaks“ jeden Sonntag um 22 Uhr auf FS 2. So wurden die TV-Kanäle damals noch bezeichnet, erst ein paar Monate später, im Jahr 1992, wurden die Sender offiziell auf ORF 1 und ORF 2 umbenannt.


Zum Auftakt eine Million Zuseher. Die Feuilletons der deutschsprachigen Zeitungen brachten ausführliche Kritiken und Ankündigungen vor dem Ausstrahlungstermin. In der „Presse“ berichtete Bogdan Roščić darüber, damals freier Mitarbeiter der Zeitung und heute designierter Staatsoperndirektor: „Es ist keine gewöhnliche Fernseh-Serie“, die späteren Folgen würden „jegliche TV-Konventionen missachten“. Ein kleiner Fehler hatte sich aber in seinen Text geschlichen: Die Pilotfolge wurde nicht an einem Montag, sondern Dienstag ausgestrahlt. Die Quoten von einer Million Zuseher bei der Premiere waren jedenfalls beachtlich.

„Die Presse“ hatte schon im Jahr 1991 eine Farbbeilage. Das „Schaufenster“ (das damals noch am Donnerstag erschien) berichtete drei Wochen vor dem Serienstart auf drei großformatigen Seiten über „Twin Peaks“ – und brachte für den besseren Durchblick ein ausführliches Who's-who“-Diagramm mit den wichtigsten Figuren und in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Im Text zur Grafik hieß es u. a.: „Was [. . .] hier entstand, ist eine auch vom ,Dallas‘-Publikum konsumierbare Mischung aus Hitchcock und Buñuel.“ „Die Zeit“ schrieb: „Twin Peaks ist kein Ort, an den man sich gewöhnen kann.“ „Die Welt“ erinnerte an die 35 Millionen Zuseher, die der Serienpilot ein Jahr zuvor in Amerika gehabt hatte. Und die „Süddeutsche Zeitung“ war am Tag der TV-Ausstrahlung in Hochstimmung: „Anders als die Briten haben wir es noch vor uns, das Kultvergnügen.“ Redakteurin Birgit Weidinger schrieb: „Das ungewöhnliche Serien-Ding ähnelt einem Perpetuum mobile, der Gag besteht darin, dass sich jede Folge im Kreis dreht.“ AWA ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2017)

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