Kummer nach Ehebruch: Kein Schmerzengeld

Kummer nach Ehebruch Kein
Kummer nach Ehebruch Kein(c) Vinzenz Schüller
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Ein Mann klagte den Geliebten seiner Ehefrau: Dieser sei an den Depressionen und seinem Krankenstand schuld. Die Gerichte verneinten aber die Ansprüche: Für "verlorene Liebe" gebe es kein Schmerzengeld.

Wien. Wenn sich jemand in eine fremde Ehe einmischt, muss er damit rechnen, dass dies für ihn finanzielle Folgen hat. So ist es etwa möglich, auf den Ehestörer Detektivkosten abzuwälzen, die nötig waren, um das außereheliche Verhältnis aufzudecken. Aber darf man vom Nebenbuhler auch Schmerzengeld für den erlittenen Liebeskummer verlangen? Diese Frage musste der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem aktuellen Fall klären.

Es ging um ein Waldviertler Ehepaar, das bereits seit mehr als zwanzig Jahren verheiratet war. Der Mann wohnte unter der Woche in Wien, weil er dort berufstätig war. Bei seiner Frau stellte er gewisse Veränderungen fest: Sie ging am Abend immer wieder aus, obwohl das sonst eigentlich nicht so ihre Art gewesen war. Als der Mann Nachforschungen anstellte, wurden die schlimmsten Befürchtungen war: Die Frau hatte ein außereheliches Verhältnis mit einem anderen Mann.

Der Ehegatte verkraftete das nur schwer: Er erlitt Depressionen, konnte seiner Arbeit nicht mehr nachgehen und war längere Zeit im Krankenstand. Finanzielle Nachteile erlitt der Mann durch seinen Krankenstand zwar nicht. Aber er forderte – vertreten vom Wiener Anwalt Bernhard Kispert – 25.000 Euro Schmerzengeld vom Geliebten seiner Frau. Zudem habe man vor Gericht die Feststellung begehrt, dass der Geliebte für alle weiteren gesundheitlichen Schäden des Mannes haften müsse, die aus der Affäre resultieren, erklärt Anwalt Kispert im Gespräch mit der „Presse“. Es sei eine „spannende Rechtsfrage“ gewesen, ob man Schmerzengeld vom außerehelichen Liebhaber verlangen könne, betont der Advokat. Daher habe man diesen Punkt ausjudizieren wollen.

„Leidenszustand selbst beenden“

Die Gerichte aber entschieden gegen den betrogenen Ehemann. Bereits die erste Instanz, das Landesgericht Krems, hielt einen ganz entscheidenden Satz fest, wie OGH-Sprecher Ronald Rohrer betont: „Schmerzengeld für verlorene Liebe gibt es nicht.“ Auch das Oberlandesgericht Wien in zweiter Instanz teilte diese Meinung. Die beiden Gerichte verwiesen auf einen ähnlichen Fall, der sich vor rund einem Jahrzehnt zugetragen hatte. Damals forderte eine Frau direkt von ihrem ehebrecherischen Mann knapp 20.000 Euro Schmerzengeld. Die Justiz gestand aber damals schon keinen Schadenersatz für die verlorene Liebe zu. So erklärte der OGH im Jahr 2003: „Der Ehepartner, der von einer Eheverfehlung des anderen erfährt, hat es in der Hand, die Ehe und damit den Leidenszustand, der durch die Untreue des anderen und die damit verbundenen Demütigungen hervorgerufen wird, zu beenden“ (6 Ob 124/02g). Aus dieser älteren Entscheidung zogen das Landes- und das Oberlandesgericht nun einen simplen Schluss: Wenn man schon damals nicht den untreuen Ehepartner direkt auf Schmerzengeld klagen konnte, dann müsse das jetzt erst recht für den außerehelichen Geliebten selbst gelten, meinten die beiden ersten Instanzen.

Der gehörnte Ehemann zog aber im aktuellen Fall trotzdem noch vor das Höchstgericht. Sein Advokat stützte sich nämlich auf eine neuere OGH-Entscheidung, die erst im Vorjahr ergangen war. Diese drehte sich um einen Mann, der psychische Schäden erlitt, weil er sein Kind nicht mehr sehen durfte. Die Justiz (4 Ob 8/11x) bejahte hier einen Schmerzengeldanspruch des Mannes gegen die Ex-Ehefrau. Denn diese hatte das Kind ungerechtfertigt so beeinflusst, dass es den Vater nicht mehr sehen wollte. Doch die Höchstrichter ließen den Vergleich nicht gelten. Man dürfe das Verhältnis zwischen Eltern und einem Kind nicht mit einem Eheverhältnis gleichsetzen, meinte der OGH. Denn die Beziehung zu einem Kind sei auf Dauer angelegt, hingegen könne man eine Ehe auch wieder lösen. Im Ergebnis schlossen sich die Höchstrichter somit den Vorinstanzen an: Weder ein untreuer Ehegatte noch – wie im aktuellen Fall – der außereheliche Geliebte selbst müsse Schmerzengeld leisten (1 Ob 134/12f).

Ehe wurde geschieden

Die Ehe des Waldviertler Paares war übrigens nach Auffliegen der Affäre nicht mehr zu retten. Sie wurde bereits geschieden – diesfalls aber nicht mit Gerichtsentscheid, sondern einvernehmlich.

Auf einen Blick

Der Oberste Gerichtshof entschied in einem aktuellen Fall, dass es für Liebeskummer kein Schmerzengeld gibt, auch wenn ein Ehebruch vorausgegangen ist. Der Ehemann hatte den Geliebten seiner Frau geklagt. Auch den untreuen Ehepartner selbst kann man nicht für die verletzten Gefühle belangen. Hingegen hatte das Höchstgericht im Vorjahr einem Mann Geld zugesprochen, weil seine Ex-Frau verhinderte, dass er sein Kind sah. Dem Mann war es deswegen schlecht gegangen. Aber diese beiden Fälle dürfe man nicht vergleichen, meinen nun die Höchstrichter: Denn zu einem Kind habe man eine dauerhafte Beziehung, eine Ehe hingegen könne man auch wieder lösen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2012)

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