Strengere Regeln für Sexualtäter sind richtig

Strengere Regeln fuer Sexualtaeter
Strengere Regeln fuer Sexualtaeter(c) Clemens Fabry
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Es ist sicher keine "Hexenjagd", sondern vielmehr lobenswert, wenn man die Anwendung des Hausarrests bei Sexualstraftätern begrenzt. Eine Reaktion auf die Thesen von Strafrechtsprofessor Klaus Schwaighofer.

. . Im letztwöchigen Rechtspanorama erinnert sich Prof. Klaus Schwaighofer anlässlich einer Gesetzesnovelle, mit der eine Einschränkung der Fußfessel für Sexualtäter vorgesehen wird, an längst überwunden geglaubte Zeiten. Er lehnt den automatischen Amtsverlust bei bestimmten Delikten in der Änderung der Dienstrechtsnovelle als zu weitgehend ab, er spricht von einer Art Hexenjagd gegen Sexualstraftäter, und er meint, dass bei der Sanktionierung von Sexualstraftaten offensichtlich Emotionen durchbrechen, sodass rationale Überlegungen auf der Strecke zu bleiben scheinen.

Diesen Meinungen ist entschieden entgegenzutreten.

Grundsätzlich ist der Entkriminalisierungsversuch des Strafvollzuges durch elektronisch überwachten Hausarrest (=Fußfessel) zu befürworten. Aber es ist erfreulich und lobenswert, dass erkannt wurde, dass die Regelung bisher zu weit gegangen ist. Nun wird bei Sexualdelikten, also in den Fällen, wo die Opfer zu den beklagenswertesten aller Delikte zählen, ein wenig zurückgerudert. Es darf nicht übersehen werden, dass die zweite Hälfte einer verhängten Strafhaft immer noch durch die Fußfessel ersetzt werden kann. Ganz abgesehen davon, dass die Allgemeinheit im Sinne der Generalprävention ein als positiv zu sehendes, deutlich abschreckendes Signal durch diese Gesetzesänderung erhält, dürften sich auf der Täterseite die negativen Folgen einer – ohnedies reduzierten – Strafhaft auch unter spezialpräventiven Gesichtspunkten wohl in Grenzen halten.

Andernorts härtere Sanktionen

Es könnten Regelungen, wie sie in anderen, durchaus demokratischen Ländern üblich sind, wie z.B. öffentlich einsichtiges Strafregister von Sexualtätern, Anprangern derselben in Medien, Aushängen oder Veröffentlichung im Internet, als Hexenjagd angesehen werden, nicht aber die maßhaltende Korrektur einer überbordenden Regelung. Auch der aus einer jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) abgeleitete Schluss der Vertretbarkeit von Fußfesseln in besonderen Fällen der Sexualdelikte vermag nicht zu überzeugen, da der VwGH auf Basis der geltenden Gesetze entscheidet, in denen diese Maßnahme eben nicht ausgeschlossen wurde. Außerdem können die Erwägungen des VwGH künftig immer noch bei der zweiten Strafhälfte Anwendung finden, bei der die Fußfessel für Sexualstraftäter weiterhin eingesetzt werden darf.

In den letzten Jahren ist ein äußerst bedauerlicher Imageverlust des gesamten öffentlichen Dienstes und der Justiz im Besonderen eingetreten. Man kann gegenüber der Bevölkerung das volle Vertrauen nur dann wiederherstellen, wenn man konsequent, streng und ohne Nachsicht gegen schwarze Schafe in den eigenen Reihen vorgeht. Nicht falsch verstandene Rücksichtnahmen oder Korpsgeist sind die Maximen, nach denen gehandelt werden darf, sondern das Vorbild des korrekten, gesetzestreuen und unbestechlichen Richters.

Es ist ganz klar, dass sich ein Gericht bei seiner Entscheidung nicht von Emotionen leiten lassen darf, sondern ausschließlich von nachvollziehbaren sachlichen Argumenten. Dies gilt aber nicht im selben Maß für den Gesetzgeber, der in zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen sehr wohl Emotionen in den gesetzlichen Tatbestand miteinbezieht (z.B. in einzelnen Milderungsgründen, beim Totschlag, bei der gefährlichen Drohung). Die Meinung Schwaighofers mag aus der Sicht eines der reinen Vernunft und kalt-klaren Logik verpflichteten Universitätstheoretikers noch verständlich sein, nicht aber aus der eines akzentuierter entscheidenden und den Menschen als Ganzes in seine Entscheidungen einbindenden Praktikers.

Zu wenig Gedanken an die Opfer

Nicht die vorgeschlagene Gesetzesnovelle erinnert an längst überwunden geglaubte Zeiten, sondern der Artikel von Professor Schwaighofer. Sein Artikel erinnert fatal an die Diskussionen der 1970er-Jahre, in denen es ausschließlich um den Täter und dessen „Wohlergehen“ ging, in denen aber nahezu nie vom Opfer und den Folgen der Taten die Rede war.

Hofrat Dr. Kotynski war Richter am Landesgericht St. Pölten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2012)

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