Flug verspätet, Kreuzfahrt verpasst: Kein Schadenersatz

Flug verspaetet Kreuzfahrt verpasst
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Startet eine Maschine wegen schlechten Wetters nicht, haften weder Fluglinie noch Flughafen.

Wer als Fluggast wegen schlechter Witterung zu spät am Ziel ankommt, hat Pech gehabt. Schäden, die dadurch entstehen, kann man finanziell weder auf die Fluglinie noch auf den Flughafen abwälzen. Das zeigt der Fall eines Ehepaares, das wegen eines verschobenen Fluges seine teure Kreuzfahrt verpasste.

Die Kreuzfahrt hätte in Ushuaia, der südlichsten Stadt Argentiniens, starten und in die Antarktis gehen sollen. Um nach Argentinien zu gelangen, buchte das Paar einen Flug. Doch bereits in Wien bekamen die beiden es mit antarktischen Verhältnissen zu tun. In der Nacht vor dem Abflug im Jänner 2010 setzte heftiger Schneefall ein. Das Paar fuhr in der Früh zum Flughafen Schwechat, das Boarding der Maschine nach Frankfurt fand wie geplant statt. Von Frankfurt hätte es weiter nach Buenos Aires gehen sollen, beide Flüge waren bei der Lufthansa gebucht. Doch bereits beim Abflug von Wien, der kurz nach sieben Uhr erfolgen sollte, spießte es sich wegen des Wetters. Es schneite weiter. Der Flughafen selbst sperrt in der Regel keine Pisten, sondern gibt nur die Pisten- und Wetterdaten weiter. Über den Start muss der Pilot der Fluglinie entscheiden. Dieser erhielt nach dem Boarding von der Flugbetriebsleitung der Lufthansa die Auskunft, dass der Schneefall momentan einen Start verhindere.

Nachdem die Piste geräumt worden war, erhielt der Pilot um 8.45 Uhr die Erlaubnis, die Triebwerke zu starten. Nun war es in der Zwischenzeit aber nötig geworden, die Maschine zu enteisen. Das dauert normalerweise höchstens zehn Minuten. Zuständig für das Enteisen ist der Flughafen. Weil aber wegen der widrigen Umstände gerade besonders viel los war, verzögerte sich das Enteisen. Erst um 9:46 Uhr erfolgte der Start. Das war aber auch schon egal, denn die gebuchte Anschlussmaschine in Frankfurt hätte das Ehepaar auch ohne den Engpass beim Enteisen nicht mehr erreicht.

29.000 Euro Schaden

Es gab auch keinen anderen Flug aus Frankfurt mehr, der es dem Paar ermöglicht hätte, rechtzeitig zum Ablegen ihres Kreuzfahrtschiffs in Argentinien zu sein. Das Malheur war somit perfekt: 29.000 Euro für Flüge, Kreuzfahrt und eine Hotelnächtigung wurden vergebens aufgewendet. Die Reiseversicherung zahlte dem Paar aus Kulanz 3000 Euro. Das übrige Geld wollten die beiden von der Lufthansa und vom Flughafen Wien auf dem Klagsweg erhalten. Der Flughafen hätte die Piste rechtzeitig räumen sollen, meinte das Paar. Die Lufthansa wiederum habe nach dem Montrealer Übereinkommen für Schäden einzustehen, die aus Verspätungen resultieren. Das Montrealer Übereinkommen regelt Haftungsfragen in der internationalen zivilen Luftfahrt.

Das Landesgericht Korneuburg wies die Klage ab. Die Lufthansa hafte nicht, zumal das Ehepaar nicht dargelegt hätte, was die Fluglinie denn hätte machen sollen, damit der Flughafen die Piste schneller räumt. Und mit dem Flughafen Wien-Schwechat selbst habe das Paar gar kein Vertragsverhältnis gehabt, aus dem es klagen könnte. Zwar müsse man als Passagier Flughafengebühren entrichten, hierbei gehe es aber nur um die Fluggastabfertigung und nicht um die Landebahn.

Mehr Gehör fand das Ehepaar in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht Wien: Dieses sprach den Reisenden die gewünschten 26.000 Euro zu: Lufthansa und Flughafen müssten zahlen, Letzterer den Großteil davon. Denn auch der Flughafen habe ein Vertragsverhältnis zu den Passagieren.

Nur Flughafen für Piste zuständig

Doch der Oberste Gerichtshof (OGH) drehte das Urteil wieder um und entschied, dass das Ehepaar nichts bekommt. Es sei zwar richtig, dass nach dem Montrealer Übereinkommen eine Fluglinie nicht nur für das Verschulden der eigenen Leute einstehen muss, sondern auch für Personal des Flughafens haften kann. Dies aber nur, wenn Aufgaben der Fluglinie an den Flughafen übertragen wurden (z.B. die Treibstofflieferung). Die Pistenräumung aber sei von vornherein eine Aufgabe des Flughafens. Daher könne die Lufthansa als Fluglinie nicht in Anspruch genommen werden. Aber auch der Flughafen Wien hafte nicht: Denn mit diesem habe man als Fluggast keinen Vertrag, der einen Ersatz wegen Verspätungen infolge von Witterung möglich mache, meinte der OGH (6 Ob 131/12a).

Übrigens: Auch aus der EU-Fluggäste-Verordnung, die im Prozess kein Thema war, könnten die Passagiere nichts gewinnen. Die Ansprüche nach der Verordnung bestehen nur gegenüber der Fluggesellschaft, aber auch bloß dann, wenn diese die Ursache der Verspätung beherrschen konnte. Zudem bliebe ein Schadenersatz auf 600 Euro begrenzt.

Auf einen Blick

Der Oberste Gerichtshof dreht ein Urteil der Vorinstanz um und entscheidet, dass ein Paar keinen Schadenersatz erhält: Die beiden hatten ihre Kreuzfahrt verpasst, weil der Hinflug zu spät erfolgte. Dies war auf schlechte Witterung in Wien zurückzuführen. Weder Flughafen noch Fluglinie müssen die Kosten für die Kreuzfahrt ersetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2013)

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