Einer diskriminiert, keiner bevorzugt

Einer diskriminiert keiner bevorzugt
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51-Jähriger erhält Schadenersatz nach dem Gleichbehandlungsgesetz, weil er wegen seines Alters nicht genommen wurde. Dass die Stelle noch immer frei ist, spielt keine Rolle.

Wien. Die Diskriminierung einer Person setzt nach dem Gleichbehandlungsgesetz nicht zwangsläufig voraus, dass eine andere bevorzugt wird. Aus diesem Grund bekommt ein Mann Schadenersatz, der wegen seines Alters – zum Zeitpunkt der Bewerbung war er 51 Jahre alt – einen Job nicht erhalten hat. Das Unternehmen wollte die Ersatzpflicht mit dem Argument abwehren, dass die Stelle noch immer frei sei. „Dass die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle bisher nicht besetzt wurde, ändert nichts an der unmittelbaren Diskriminierung des Klägers im Sinne des § 19 Abs 1 Gleichbehandlungsgesetz“, sagt der Oberste Gerichtshof (9 ObA 154/12f).

Der Mann bewarb sich auf ein Stelleninserat als Außendienstmitarbeiter. Doch seine Hoffnung, die Stelle zu bekommen – immerhin sah er sich angesichts seiner Ausbildung und seiner Vortätigkeit als „Bestbewerber“ –, währte nur kurz: Nach genau drei Minuten antwortete der Geschäftsführer des Unternehmens auf ein Mail des Mannes mit dessen Bewerbungsunterlagen: für diese Stelle zu alt.

Mindestens zwei Monatslöhne

Der Mann klagte und forderte 4748,33 Euro als Entschädigung. Das Gesetz schreibt mindestens zwei Monatsentgelte als Ersatzanspruch vor, „wenn der/die Stellenbewerber/in bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte“. Das beklagte Unternehmen wies den Vorwurf der Diskriminierung von sich und behauptete, der Geschäftsführer habe lediglich den Kontakt zu dem „aufdringlichen“ Kläger abbrechen wollen. Der sei weit davon entfernt gewesen, Bestbewerber zu sein, habe er doch nicht die erforderliche Außendiensterfahrung mitgebracht. Wegen seines persönlichen Verhaltens hätte er die Stelle nie bekommen.

Allerdings konnte das Landesgericht Innsbruck weder feststellen, dass der Bewerber keine Erfahrung gehabt hätte, noch, dass er – wie der Beklagte behauptete – mit wiederholten Anrufen lästig gewesen wäre. Doch auch die rechtliche Argumentation hielt vor Gericht nicht. Die da lautete: Da die Stelle nach wie vor nicht besetzt sei, könne schon begrifflich nicht von einer Diskriminierung gesprochen werden.

Fiktiver Konkurrent genügt

Eine unmittelbare Diskriminierung liegt, wie der OGH unter Verweis auf das Gleichbehandlungsgesetz (§19) festhält, vor, wenn eine Person „eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“. Es reicht also, wenn ein Betroffener wegen seines Alters gegenüber einem jüngeren Bewerber benachteiligt wird, ob ein solcher nun konkret oder bloß fiktiv zum Vergleich herangezogen wird. Der Gerichtshof billigte deshalb die Entscheidungen des Landes- und des Oberlandesgerichts Innsbruck und wies die Revision des beklagten Unternehmens zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2013)

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