AG abseits der Börse: Größere Autonomie

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OGH lässt Vorkaufsrecht für vinkulierte Aktien erstmals in der Satzung der Gesellschaft zu.

[WIEN/KOM] Der Oberste Gerichtshof (OGH) erhöht die Autonomie von Aktiengesellschaften bei der Gestaltung ihrer eigenen Verfassung: Erstmals hat der Gerichtshof entschieden, dass eine AG in ihrer Satzung ein Vorkaufsrecht bei der Veräußerung von Aktien verankern darf. Das gilt jedoch nur für nicht börsenotierte Gesellschaften und „zumindest“ bei vinkulierten Aktien, so der Gerichtshof (6 Ob 28/13f). Der OGH erhöht auf diese Weise die Gestaltungsfreiheit, wie es immer wieder in der Wissenschaft und Praxis gefordert wurde – zuletzt durch WU-Professorin Susanne Kalss und Rechtsanwalt Stephan Probst im „Presse“-Interview (Rechtspanorama vom 24. Juni).

Vinkuliert sind Aktien, deren Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft geknüpft ist. Eine nicht börsenotierte AG wollte ihre – durchwegs auf Namen lautetenden – Aktien dieser Sorte mit einem Vorkaufsrecht der jeweils anderen Aktionäre verbinden und solcherart zusammenhalten. Das Handelsgericht Wien und ihm folgend das Oberlandesgericht Wien lehnten eine solche Satzungsänderung aber ab: Nach dem Grundsatz der „Satzungsstrenge“ seien Abweichungen vom Aktienrecht nur dort möglich, wo das Gesetz dies ausdrücklich zulasse.

Handelbarkeit nicht wichtig

Der OGH sieht die Sache nicht so eng. Weil das Aktiengesetz die Satzungsstrenge nicht explizit vorschreibe, sei eine derart rigorose Auslegung nicht geboten, solange das Wesen der AG sowie der Gläubiger- und der Aktionärsschutz gewahrt bleiben. Er ortet eine zunehmende Differenzierung in der Gesetzgebung zwischen börsenotierten und nicht börsenotierten Gesellschaften.  Es erscheine „gerechtfertigt, für nicht börsenotierte Aktiengesellschaften eine größere Satzungsautonomie anzuerkennen“. Dies betreffe insbesondere solche Bereiche, bei denen die freie Handelbarkeit auf der Börse keine Rolle spiele.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2013)

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