Leerkassettenvergütung: Amazon unterliegt vor EuGH

Versandhändler Amazon
Versandhändler AmazonEPA/Uwe Zucchi
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Der EU-Gerichtshof hat entschieden, dass Österreichs System der Leerkassettenvergütung EU-konform sein kann. Die letzte Entscheidung obliegt nun dem Obersten Gerichtshof.

Für den Versandhändler Amazon wird es im Streit um die Leerkassettenvergütung in Österreich eng. Die Austro-Mechana, eine der Urheberrechtsverwertungsgesellschaften in Österreich, prozessiert gegen den Internet-Giganten wegen der Vergütung für unbespielte Bild- oder Tonträger wie CD-, DVD-Rohlinge, Speicherkarten und MP3-Player. In seinem heute verkündeten Urteil C-521/11 hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass das System der Leerkassettenvergütung, wie es in Österreich vorgesehen ist, entgegen allen Einwänden von Amazon EU-konform sein kann. Ob es in seiner Anwendung auch den europarechtlichen Vorgaben entspricht und Amazon zahlen muss, hat nun noch der Oberste Gerichtshof zu entscheiden.

1,86 Mio. Euro für eine halbes Jahr gefordert

Allein für das erste Halbjahr 2004 hatte die Austro-Mechana 1,86 Millionen Euro verlangt. Für weitere Jahre hat sie Amazon auf Rechnungslegung geklagt, also darauf, Verkaufszahlen aus Österreich vorzulegen. Die Einnahmen der Austro-Mechana sind im Sinken begriffen: Im Jahr 2005 waren es noch 17,6 Mio. Euro, Hochrechnungen für das noch nicht fertig abgerechnete Jahr 2012 ergeben nur noch 6,9 Mio. Euro.

Die Leerkassettenvergütung soll Urhebern von Musikwerken einen gerechten Ausgleich dafür verschaffen, dass Private Musikstücke für den eigenen Gebrauch frei kopieren dürfen. Um prüfen zu lassen, ob die Regelung dem EU-Recht entspricht, hat der Oberste Gerichtshof den Prozess der Austro-Mechana gegen Amazon unterbrochen und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg ein Bündel an Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Rückerstattung in Deutschland verlangen

Amazon hatte unter anderem argumentiert, dass es für die in Österreich vertriebenen Tonträger teilweise schon in Deutschland eine ähnliche Abgabe entrichtet hätte. Für den Gerichtshof liegt es aber an Amazon, sich in Deutschland um eine Erstattung der Zahlungen zu bemühen.

Die EU-Staaten sind verpflichtet, einen gerechten Ausgleich für Urheber in ihrem eigenen Territorium herbeizuführen. Dazu ist das österreichische System nach dem Urteil des EuGH geeignet, obwohl die Einhebung der Leerkassettenvergütung unterschiedslos beim Erstverkauf von Trägermaterial vorgesehen ist, also auch dann, wenn die Speichermedien nicht für private Kopien fremder Werke verwendet werden (sondern z. B. für die eigene Buchhaltung). In Österreich ist eine Freistellung für solche Abnehmer möglich, die die unbespielten Speichermedien nach eindeutigen Indizien nicht für Privatkopien von Musikstücken nutzen. Unter der Voraussetzung, ob der Rückerstattungsanspruch wirksam ist und seine Geltendmachung nicht übermäßig erschwert ist, entspricht auch diese Regelung dem EU-Recht.
Unter zwei Voraussetzungen erlaubt der Gerichtshof, widerlegbar zu vermuteten, dass Privatpersonen Trägermaterial zu privaten Zwecken nutzen: Praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung dieser Zwecke müssen die Aufstellung einer solchen Vermutung rechtfertigen, und diese Vermutung darf nicht dazu führen, dass die Abgabe für Privatkopien auch dann auferlegt wird, wenn das Trägermaterial offenkundig zu nicht privaten Zwecken genutzt wird.

Kommt Unterstützung den Urhebern zugute?

Die Leerkassettenvergütung fließt zur Hälfte in Geld an die Urheber; die andere Hälfte geht an soziale und kulturelle Einrichtungen. Auch das billigt der EuGH, sofern die sozialen und kulturellen Einrichtungen tatsächlich den Berechtigten zugutekommen und ihre Funktionsmodalitäten nicht diskriminierend sind. Das zu prüfen ist Sache des Obersten Gerichtshofs. Der Streit ist damit also noch nicht zu Ende.

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