Thalia: OGH erlaubt Rabatt an Buchpreisbindung vorbei

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Buchhändler Thalia setzte sich gegen Klagen von Branchenvertretern durch. Der Versandhandel mit einem deutschen Partner unterliegt nicht der Buchpreisbindung.

Die Buchhandelskette Thalia darf mit Rabattgutscheinen für den Online-Buchverkauf werben. Nach einem zwei Jahre dauernden Rechtsstreit mit insgesamt sechs Gerichtsentscheidungen hat der Oberste Gerichtshof den Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich endgültig mit seiner Klage abblitzen lassen. Die von Thalia gewählte Konstruktion, neben konventionellen Buchhandlungen durch einen deutschen Partner auch Versandhandel zu betreiben, unterliegt nicht der Buchpreisbindung: Dass Gutscheine im Ergebnis zu einem Preisnachlass von bis zu 25 Prozent führten, ist damit nicht zu beanstanden.

Das Buchpreisbindungsgesetz verbietet Nachlässe von mehr als fünf Prozent; es soll gut sortierten kleineren Händlern, die auch weniger gefragte Titel auf Lager halten, überleben helfen. Aus EU-rechtlichen Gründen darf aber nicht der freie Warenverkehr beschränkt werden. Folgerichtig nimmt das Gesetz den grenzüberschreitenden elektronischen Handel explizit aus.

Doch was tat Thalia? Das Unternehmen verschickte mit mehreren Ausgaben seines Newsletters Gutscheine, mit denen über www.thalia.at verbilligt eingekauft werden konnte: Ab einem Bestellwert von 20 Euro konnten fünf Euro abgezogen werden, ab 40Euro waren es zehn. Solche Gutscheine lagen auch in Filialen zur freien Entnahme auf und wurden dort verteilt. Auf der Rückseite fand sich der Hinweis, dass Onlinebestellungen durch Thalias Partner, buch.de, abgewickelt würden und dass die Gutscheine ausschließlich für den Heimversand gültig waren, nicht für eine Abholung in einer Filiale.

Seriöser Partner in Deutschland

Der Fachverband ortete einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und klagte Thalia und buch.de auf Unterlassung: Die Geschäfte würden in Österreich angebahnt, Thalia betreibe die Website www.thalia.at, die bestellten Bücher würden nicht über die Grenze verschickt, und der Profit fließe Thalia zu. Wie der OGH aber nun bestätigte, sind die Rabattaktionen völlig legal. Den Kunden werde klargemacht, dass sie mit buch.de in Deutschland abschließen. Das ist offenbar keine Alibiaktion: Die buch.de internetstores AG, Schwester von Thalia im selben Konzern (Douglas), ist ein börsenotiertes Unternehmen mit rund 150Mitarbeitern. Es betreibt, im Impressum ersichtlich, technisch und organisatorisch die Seite www.thalia.at, verkauft im eigenen Namen, auf eigene Rechnung die Bücher, trägt die Gewährleistung und steuert den Vertrieb bis zum Endkunden: alles in allem ein elektronischer Dienst im Fernabsatz. Die Mitwirkung von Thalia ist bei all dem für die Beurteilung des Vertragsabschlusses „ohne Bedeutung“, so der OGH (4 Ob 57/13f).

Laut Anwalt Thomas Haberer (KWR), Vertreter von buch.de, hat der OGH nach dem Provisorialverfahren (4 Ob 1/12v) nun seine Einschätzung nachgeschärft. Hatte der OGH damals noch gemeint, schon eine – von ihm bejahte – vertretbare Rechtsansicht schlösse eine Wettbewerbswidrigkeit aus, sagt er nun, nach einschlägigen Kontroversen in der Literatur: Der Fall ist schlicht und einfach ein Vertragsabschluss im grenzüberschreitenden Fernabsatz, die Rechtsansicht also nicht nur vertretbar, sondern richtig.

Amazon respektiert Preisbindung

Und wie erklärt sich, dass Amazon als viel größerer Versandhändler vor Jahren mit einer großen Rabattaktion gescheitert ist? Amazon löste einen Proteststurm seiner Lieferanten aus und musste zurückziehen. Thalia wird demgegenüber nach wie vor als konventioneller Buchhändler wahrgenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2013)

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