Höchstgericht verurteilt arbeitsscheuen Richter

(c) Clemens Fabry
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Ein burgenländischer Richter setzte sich über das Gesetz hinweg, um einen Zivilprozess rasch zu beenden. Nun wurde der Mann rechtskräftig wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. Inzwischen wurde er pensioniert.

Wien. Der Richter habe „durch sein rechtswidriges Verhalten nachhaltig das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz in seinen Grundfesten erschüttert“. Es sind deutliche Worte, die sich bereits im Urteil des Wiener Straflandesgerichts gegen den burgenländischen Juristen finden. Er hatte sich als Richter am Landesgericht Eisenstadt über das Gesetz hinweggesetzt, um ein Zivilverfahren rasch zu beenden. Dass eine der Streitparteien dadurch in ihren Rechten verletzt wurde, störte den Richter nicht. Die Sache flog aber auf, und der Richter wurde selbst ein Fall für die Justiz. Nun bestätigte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) den Schuldspruch gegen den Richter wegen Amtsmissbrauchs.

Dieser hatte 2009 als Richter des Landesgerichts Eisenstadt einen Fall, in dem es um Schadenersatz und Gewährleistung ging, zu beurteilen. Eine Frau forderte Geld, weil die von ihr beauftragte Firma die Verlegung von Granitplatten auf einer Terrasse nur mangelhaft durchgeführt haben soll. Zu einem Verhandlungstermin erschien der ehemalige Geschäftsführer der Firma, der vom aktuellen Firmenchef dazu bevollmächtigt worden war. Der Mann kam aber ohne Anwalt, obwohl das Gericht darüber informiert hatte, dass in dem Verfahren Anwaltszwang herrscht. Der Richter erklärte dem Mann noch einmal, dass er einen Anwalt für die Verhandlung benötige. Worauf der Ex-Geschäftsführer um einen neuen Verhandlungstermin ersuchte. Der Richter entgegnete, der Mann habe genügend Zeit gehabt, um sich einen Anwalt zu nehmen. Es werde nun keinen neuen Termin mehr geben.

Der Anwalt der Klägerin forderte Geld: Bezugnehmend auf ein neues Gutachten begehrte er aber nun einen geringeren Betrag. Der Richter fragte den Ex-Geschäftsführer nun, ob er zahlen werde, da das Gutachten eindeutig besage, dass er zahlen müsse. Der Mann bejahte dies – in der Annahme, dass ihm nichts anderes übrig bleibe. Der Richter sagte, der Mann solle ein Anerkenntnisurteil beantragen. Das wollte dieser aber nicht, zumal er ohne Anwalt dastand.

Richter machte illegal Druck

Den Richter scherte das wenig: Er begann, handschriftlich ein Anerkenntnisurteil niederzuschreiben. Er ließ dies von den Anwesenden unterschreiben. Um sich weitere Arbeit zu ersparen, schrieb er dazu, dass die Streitparteien auf Rechtsmittel und auch noch auf die Beschlussausfertigung verzichtet hätten. Den beklagten Mann über mögliche Rechtsmittel belehrt hatte der Richter nicht. Der Mann unterschrieb nur, weil er dachte, ihm blieben keine anderen Möglichkeiten.

Der aktuelle Geschäftsführer der beklagten Firma wollte in weiterer Folge nicht zahlen und erreichte, dass die Causa neu aufgerollt wurde. Da nun die Machenschaften des ursprünglichen Richters bekannt geworden waren, trat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf den Plan. Sie klagte den Eisenstädter Richter wegen Amtsmissbrauchs an. Denn dieser habe bewusst gegen das Gesetz verstoßen und damit jemanden in seinen Rechten geschädigt. Der (nicht geständige) Richter wurde deswegen vom Wiener Landesgericht für Strafsachen zu zwölf Monaten bedingt verurteilt. Das Strafgericht verwies dabei darauf, dass „ein Richter in der Gesellschaft (nach wie vor) eine gewisse Vertrauensstellung genießt“. Es müsse daher ein strenges Urteil geben, wenn ein Richter, um sich die Arbeit zu erleichtern, das Gesetz bricht. Der OGH (17 Os 7/13b) bestätigte nun den Schuldspruch, der somit rechtskräftig ist. Nur das Strafmaß kann der Richter noch anfechten – darüber entscheidet das Oberlandesgericht Wien.

Selbst verhandeln wird der Richter nichts mehr: Er sei seit Jahresbeginn in Ruhestand, erklärte ein Gerichtssprecher auf Anfrage der „Presse“. Die Pensionierung habe der Mann selbst beantragt, weil er die Erfordernisse für den Richterdienst nicht mehr erfülle. Details dazu dürfe man nicht bekannt geben. Gegen den Richter läuft aber noch ein Disziplinarverfahren, als schärfste Sanktion droht eine Buße von bis zu fünf Monatsbezügen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2013)

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