Nichtraucherschutz: Wirt darf „Raucher-Sheriff“ das Lokal verbieten

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Das Oberlandesgericht Wien setzt der privaten Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen Grenzen: Ohne persönliche Betroffenheit besteht kein Anspruch auf Durchsetzung von Rauchverboten.

Wien. Ein Wiener Gastronom, der von einem selbst ernannten „Raucher-Sheriff“ mehrfach wegen angeblicher Verstöße gegen das Tabakgesetz angezeigt worden war, verhängte gegen denselben Lokalverbot. Nachdem dagegen verstoßen wurde, folgte die Unterlassungsklage – zu Recht, wie jetzt das Oberlandesgericht Wien bestätigte.

Zehntausende Anzeigen gegen Gastronomen, in deren Lokalen entgegen den Bestimmungen des Tabakgesetzes von Gästen geraucht wurde, wurden in den letzten Jahren von selbst ernannten „Raucher-Sheriffs“ erstattet. Diese, offensichtlich mit ausreichend Tagesfreizeit ausgestattet, besuchen Lokale mit dem alleinigen Zweck, bei dort festgestellten Verstößen gegen das Tabakgesetz sofort Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Verwaltungsstrafen in Höhe von mehreren tausend Euro gegen den Wirt sind dann oft die Folge. Nachdem ein solcher „Sheriff“ auch das Lokal eines bekannten Wiener Gastronomen mehrfach in dieser Weise „besucht“ und im anschließenden Verwaltungsstrafverfahren auch noch angegeben hatte, er habe extra einen Platz gewählt, der es ihm erlaubte, zu beobachten, ob die Türe in der Glaswand zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich offen stehen bleibt, wurde durch ein Schreiben des Rechtsvertreters des Gastronomen Lokalverbot gegen den „Sheriff“ verhängt. Auf „Gäste“, die das Lokal nur betreten, um dessen Eigentümer dann anzuzeigen, legt wohl kein Gastronom großen Wert – und die Grundsätze der Eigentums- und Vertragsfreiheit müssen ihm auch die Möglichkeit geben, derartigen Personen den Zutritt zum Lokal zu verbieten.

Der „Sheriff“ wollte sich nicht daran halten, kündigte schriftlich an, gegen das Verbot zu verstoßen und tat das dann auch (und ließ eine weitere Anzeige folgen). Daraufhin wurde gegen ihn die Unterlassungsklage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebracht. Die dagegen vom Beklagten erhobenen Einwände – u. a. wurde vorgebracht, wegen der Untätigkeit der Behörden müssten eben Bürger wie er derartige Kontrollen „im öffentlichen Interesse“ vornehmen – fanden jedoch weder beim erstinstanzlichen Gericht noch in der Berufungsinstanz Gehör.

Wie das OLG Wien kürzlich (11 R 126/13z) unmissverständlich festhielt, gelte der Grundsatz der Vertragsfreiheit selbstverständlich auch in der Gastronomie (seltene Fälle einer Monopolstellung ausgeklammert). Das Betretungsverbot sei auch weder sittenwidrig noch diskriminierend, bei einem Verstoß steht die Unterlassungsklage nach § 372 ABGB offen. Eine ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist aber noch nicht endgültig rechtskräftig.

Bemerkenswert deutlich sind die abschließenden rechtlichen Ausführungen des Berufungssenats: Dem Beklagten ist kein berechtigtes eigenes Interesse an der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, etwa nach dem Tabakgesetz, zuzubilligen, wenn diese Rechtsverstöße nicht sein persönliches Umfeld (und daher nicht seine persönliche Gesundheit) betreffen. Keine private Person hat einen Anspruch darauf, dass Verwaltungsübertretungen ausgeforscht und bestraft werden – ein wichtiger Grundsatz in einer Zeit, in der Vernaderung (eleganter: Whistleblowing) bald zum guten Ton gehört.

Dr. Röhsner ist Managing Partner von Eversheds in Österreich; am Verfahren beteiligt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2013)

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