Am Dienstag entscheidet der Oberste Gerichtshof unter anderem über die Frage, ob der Steuerberater zu Recht eine teilbedingte Strafe erhielt.
Wien. Der morgige Gerichtstag am Obersten Gerichtshof wird nicht nur von Dietrich Birnbacher mit Spannung erwartet. Auch andere Personen, die im Verdacht der Wirtschaftskriminalität stehen, blicken gebannt auf das Höchstgericht. Von ihm wird ein Signal erwartet, wie viel ein Geständnis wirklich wert ist.
Der pensionierte Steuerberater Dietrich Birnbacher hat nach einem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt beim Verkauf der Kärntner Hypo an die BayernLB sechs Millionen Euro Honorar kassiert. Er wurde 2012 mit drei weiteren Angeklagten in erster Instanz wegen Untreue verurteilt.
Weil Birnbacher als einziger geständig war, erhielt er im Gegensatz zu den Mitangeklagten eine teilbedingte Haftstrafe: ein Jahr unbedingt, zwei bedingt. Das bedeutet im Klartext: Er hat Aussicht, mit einer Fußfessel davonzukommen. Beobachtern erscheint das angesichts des ihm angelasteten Schadens ziemlich großzügig; allerdings hat Birnbacher zugleich mit seinem Geständnis einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass es zum Urteil und zu weiteren Ermittlungen etwa wegen Geldwäsche kommen konnte.
Verdächtige in Warteposition
Dem Vernehmen nach gibt es etliche Verdächtige, die im Visier der Staatsanwaltschaft stehen und ein Geständnis erwägen. Sie und ihre Verteidiger wollen aber besser als bisher abschätzen können, wie gut es die Justiz honoriert, wenn man geständig ist. Manche Richter sehen bereits Anzeichen dafür, dass Anwälte von der Konfliktverteidigung abzugehen bereit sind und verstärkt eine geständige Verantwortung ihrer Mandanten ins Auge fassen. Vorteil für die Justiz: Der Verfahrensaufwand könnte schrumpfen.
Zu Beginn eines jeden Verfahrens muss der Richter den Angeklagten darauf hinweisen, dass ein Geständnis ein wesentlicher Milderungsgrund ist. Elisabeth Rech, Vizepräsidentin und Sprecherin der Rechtsanwaltskammer Wien für Strafrecht, warnt, dass diese Information vielfach zum Nachteil des Angeklagten eingesetzt werde: In Verfahren, die nicht unter medialer Beobachtung stünden, würden Richter mitunter Druck auf den Angeklagten ausüben. Wenn dann in einem Untreue-Verfahren bis zu zehn Jahre Haft drohen, ein Geständiger aber ohne Haftstrafe davonkommen könne, dann sei der Druck schon besonders groß – mit der Folge, dass auch jemand gestehen könnte, der gar nicht zu verurteilen wäre. Ähnliches sei, in kleinerem Maßstab, bei der Diversion zu beobachten, bei der Verdächtige, die sich verantwortlich zeigen, ein Urteil ersparen können.
Friedrich Forsthuber, Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien, räumt ein, dass es eine „gewisse Drucksituation“ gebe. Der Gesetzgeber gehe aber vom mündigen Bürger aus, der selbst entscheiden könne, wie er damit umgehe. Den Vorwurf, dass Richter gezielt Druck ausüben würden, weist er aber zurück: „Wenn mir das ein Anwalt erzählt, soll er mir einen konkreten Fall nennen.“ (kom)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2014)