Selbstanzeige muss Anreize bieten

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Der Vorschlag der SPÖ, Selbstanzeigen mit Strafzuschlägen zu versehen, dürfte sein Ziel, Steuereinnahmen und -ehrlichkeit zu fördern, verfehlen.

Innsbruck. Die SPÖ fordert, dass bei der Selbstanzeige nach dem Finanzstrafgesetz (§ 29) zusätzlich Strafzuschläge zu entrichten sind (>50.000 Euro: 5%, >100.000: 10%, >1 Mio.: 50%). Zudem werden Beschränkungen bei Selbstanzeigen im Rahmen von Betriebsprüfungen sowie längere Verjährungsfristen vorgeschlagen. Dadurch sollen pro Jahr 50 Mio. Euro in die Staatskasse fließen, die Steuerehrlichkeit soll gefördert werden. Ob beide Ziele dadurch erreicht werden können, ist fraglich.

Der Zweck der Selbstanzeige ist, die durch das Finanzvergehen bewirkte Verletzung der Fiskalinteressen zu beseitigen. Dem Täter soll der Anreiz zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit geboten werden. Zusätzlich soll dem Zwang zur Selbstbeschuldigung entgegengewirkt werden. Es ist ein allgemeines Rechtsinstitut, dass der Täter, der sein Verhalten eingesteht und den vollen Schaden wiedergutmacht (vgl. tätige Reue), straffrei wird.

Voraussetzungen der Selbstanzeige sind, dass der Täter eines Finanzvergehens seine Verfehlung und alle für die Feststellung der Verkürzung der Abgabe bedeutsamen Umstände vor der Behörde rechtzeitig darlegt und die verkürzten Abgaben plus Verzugszinsen entrichtet. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist also nur bei rechtzeitiger Darlegung aller relevanten Umstände an die richtige Behörde möglich. Diese strengen Voraussetzungen sind nicht einfach zu erfüllen und gehen meist mit langen Vorbereitungen – in die regelmäßig Rechts- oder Steuerberater involviert sind – einher. Auch nach der Selbstanzeige ist Zusammenarbeit mit der Behörde nötig. Eine derart lange Beschäftigung mit den eigenen Vergehen ist spezialpräventiv förderlich, kann den Betreffenden also von einer neuerlichen Verfehlung abhalten.

Sanktionen verschärft

Im Finanzstrafrecht wurden in den letzten Jahren die Sanktionen verschärft, an abschreckend hohen Strafen mangelt es nicht. Problem der Strafverfolgung bei Steuerdelikten ist die erschwerte Entdeckung der Taten, wozu gerade die Selbstanzeige beiträgt. Eine Verschärfung könnte zu einem Rückgang der Selbstanzeigen und Steuereinnahmen führen und somit den Reformzielen entgegenwirken. Die Selbstanzeige dient geradezu der Förderung von Steuerehrlichkeit, die vorgeschlagenen Änderungen laufen diesem Ziel sogar entgegen.

Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich in Bezug auf die zum Teil exorbitant hohen Strafzuschläge, die sich nur auf den hinterzogenen Betrag beziehen und keine weiteren Möglichkeiten zur Anpassung an die Schuld des Täters einräumen. Zudem ist die Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlich abgesicherten Selbstbeschuldigungsverbot, insbesondere durch die angedachte Aberkennung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige bei Betriebsprüfungen, fraglich.

Ohne praktikable Selbstanzeigemöglichkeit fehlt der Anreiz für Täter, Finanzvergehen offenzulegen und den Weg in die Legalität zu wählen. Rechtspolitisch sollte die Aufdeckung von Finanzvergehen gefördert werden, etwa durch mehr Personal. Nicht zielführend sind politische Schnellschüsse aufgrund von (prominenten) Einzelfällen. Die vorgebrachten Argumente liefern jedenfalls keine Grundlage, die bewährte Selbstanzeige-Regelung in eine bedenkliche Richtung zu verändern.


MMag. Seyfried und Dr. Zierl sind Universitätsassistenten am Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2014)

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