Mord an Franz Ferdinand: Florian Teichtmeister ermittelt

Das Attentat Sarajevo 1914
Das Attentat Sarajevo 1914(c) ORF (Petro Domenigg)
  • Drucken

Josefstadt-Schauspieler Florian Teichtmeister spielt in der ORF-Produktion „Das Attentat Sarajevo 1914“ den Untersuchungsrichter.

Mit Freunden ins Kino zu gehen sei für ihn Folter, sagt Florian Teichtmeister. Zumindest, wenn er selbst in dem Film mitspielt. Denn der 34-Jährige sieht sich nicht gern beim Spielen zu. „Weil ich immer Sachen finde, die ich besser machen könnte,“ erzählt Teichtmeister.

Kommenden Mittwoch werde er aber, sagt er, trotzdem vor dem Fernseher sitzen, wenn er im ORF-Hauptabend als Leo Pfeffer die Untersuchungen nach dem Attentat auf Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajewo leitet, das zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs geführt hat. Ein „fiction film“, bei dem der derzeit omnipräsente und hochgelobte Andreas Prochaska („Das finstere Tal“) Regie führt. Der sich dem die Weltgeschichte verändernden Kapitel aus der bislang ziemlich unbeleuchteten Perspektive des Untersuchungsrichters nähert. Ein Zugang, der Teichtmeister gefällt. „Letztlich ist das, was wir im Nachhinein Historie nennen, immer eine Abfolge von menschlichen Entscheidungen“, sagt er. „Empfindet ein Mensch wie Leo Pfeffer an einem derartigen Scheidepunkt die historische Verantwortung? Ich glaube ja nicht.“

Über den realen k.u.k. Beamten Pfeffer ist wenig bekannt. „Wir wissen aber, dass er die Verhöre mit großem Gerechtigkeitsempfinden geführt hat und die Hintergründe aufklären wollte“, so Teichtmeister. Was gar nicht so leicht war, wurde ihm doch – wie im Film deutlich wird – von den Mächtigen Druck gemacht, die serbische Regierung als Drahtzieherin der Ermordung darzustellen – um Österreich einen Kriegsgrund zu liefern. Dass man zu den realen Fakten über die Ermordung einiges an Fiktion – etwa den von Heino Ferch dargestellten, frei erfundenen Arzt – hinzufügt, findet Teichtmeister legitim, „solange man sich der Verantwortung bewusst ist und nicht respektlos gegenüber den Opfern des Krieges wird“.

An Regisseur Prochaska, mit dem er schon mehrmals (u.a. „Spuren des Bösen“) gearbeitet hat, schätzt Teichtmeister, „dass er keinerlei Energie an Selbstdarstellung verschwendet und dadurch eine Konzentration und gewisse Bescheidenheit ausstrahlt, die sehr ermutigend ist“. Das sei am Theater nicht immer der Fall, „da habe ich oft das Gefühl, es laufen lauter Allgemeingenies herum, die alles können. Jeder Regisseur kann schauspielen, jeder Schauspieler Regie führen, und gemeinsam können sie das beste Bühnenbild bauen. Daran glaube ich aber nicht. Ich glaube an Spezialisten.“

Wie Teichtmeister seine Engagements für TV (derzeit dreht er etwa eine neue Serie für den ORF, über die er noch nichts verraten will) und Bühne unterbringt, weiß er selbst nicht so genau. Das Theater in der Josefstadt zeige aber viel Verständnis für andere Projekte. Wie etwa im Vorjahr, als er kurzfristig für Johannes Krisch eingesprungen ist und an der Seite von Michael Maertens und Nicholas Ofczarek bei den Salzburger Festspielen und am Burgtheater den Leim in „Lumpazivagabundus“ spielte. Zeitgleich liefen auch die Dreharbeiten für „Das Attentat Sarajevo 1914“. Es sei eine wichtige Erfahrung gewesen, „zu merken, dass man immer noch funktioniert, wenn man schon längst nicht mehr daran glaubt“. Und: „Jedes Projekt außerhalb meines Hauses schützt mich vor Beamtentum.“

„Nicht davonlaufen“

Dass er – seit 2005/06 – fix in der Josefstadt engagiert ist, schätzt er, auch wenn er dadurch aus Zeitmangel das eine oder andere Projekt nicht annehmen kann. „Es gibt in Österreich nicht so viele Ensembleplätze an Theatern, wenn man sich anschaut, wie viele Schauspieler es gibt.“ Abseits der Bühne sieht man Teichtmeister kaum in der Öffentlichkeit, Society-Termine meidet er bewusst. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich meine Rolle besser spielen könnte, wenn ich abends auf dem Filmball gesehen wurde.“

Fort aus Wien, wie so viele Kollegen, zieht es ihn nicht. In Berlin oder Hamburg Theater zu spielen würde ihn schon reizen. Aber nur, „weil ich weiß, dass ich wieder zurück nach Wien darf“. Und: „Vor mir selbst kann ich sowieso nicht davonlaufen. Ich würde mich auch in Berlin einholen.“

ZUR PERSON

Florian Teichtmeister, Jahrgang 1979, hat am Max-Reinhardt-Seminar studiert. Seit 2005 ist er Ensemblemitglied am Theater in der Josefstadt, wo er derzeit als Joseph in „Joseph und seine Brüder“ zu sehen ist. Am Burgtheater steht er als Leim in „Lumpazivagabundus“ auf der Bühne.

Im Film „Das Attentat Sarajevo 1914“spielt er den Untersuchungsrichter Leo Pfeffer, der das Attentat auf Franz Ferdinand aufklären soll. Der Film von Andreas Prochaska wird kommenden Mittwoch, 23.4. (20.15 Uhr), auf ORF2 zu sehen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.