Baustelle „Patientenverfügung“

Vor zirka einem Jahr trat die Regelung in Kraft. Probleme gibt's immer noch.

Wien(uw). Seit einem Jahr kann man via Patientenverfügung (PV) vorab medizinische Maßnahmen ablehnen, für den Fall, dass man im Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr selbstbestimmungsfähig ist. Das Institut für Ethik und Recht, dass das neue Gesetz evaluierend begleitet, zog für die „Presse“ eine Zwischenbilanz.

Auffälligste Erkenntnis: Ärzte tun sich schwer. Zwar hat sich laut Patientenanwaltschaft die Qualität der Beratung verbessert (zunächst mussten zwei Drittel der PVs zurückgeschickt werden), dafür finden viele Betroffene gar keinen Arzt, der sie aufklärt. Viele Mediziner scheuen vor der komplexen Beratung zurück. Ein interdisziplinärer Leitfaden wird im Herbst präsentiert.

Auf Seiten der behandelnden Ärzte gibt es vor allem Erfahrungen mit „beachtlichen“ PVs (sie lassen mehr Spielraum als „verbindliche“): gute Erfahrungen, wenn diese direkt im Spital (z. B. auf der Palliativstation) erstellt werden. Schlechte, wenn dies außerhalb passiert. Denn dann, so Maria Kletecka-Pulker vom Institut für Ethik und Recht, werden sie oft nicht ernst genommen. Probleme mit der selteneren, verbindlichen PV gibt es bis dato vor allem bei den Zeugen Jehovas. Vorarlberger Spitäler wollten sie – Patienten, die eine Bluttransfusion ablehnen – nur für Notoperationen aufnehmen. Was laut Gesundheitsministerium, soweit es Routineeingriffe betrifft, gesetzeswidrig ist.

Offen ist, wann und ob die Existenz der PV auf der E-Card registriert wird. Auch die Kostendebatte läuft noch. Bislang errichteten über die Patientenanwaltschaften 700 Menschen verbindliche PVs. 62 Prozent der Betroffenen waren Frauen, drei Viertel zwischen 50 und 89 Jahren alt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.