Zeigefreudige Dicke“ im Internet – aber wo?

Foto: Clemens Fabry
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VwGH klärt Tatortfrage bei Delikten, die im Web gesetzt werden. Etwa durch Prostituierte.

WIEN. Das Internet ist überall, aber wo liegt der Tatort bei einem Delikt, das im Web gesetzt wird? Auch überall? – Kann wohl nicht sein, denn sonst müsste die Tat auch überall, wo sie strafbar wäre, geahndet werden. Nirgends? Kann auch nicht gut sein, sonst ließen sich Strafbestimmungen allzu leicht umgehen. In Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Lösung im Verwaltungsstrafrecht hat der Verwaltungsgerichtshof nun folgende Antwort formuliert: Der Tatort liegt im Inland, wenn in der Reihe der tatbildlichen Handlungen auch nur eine hier gesetzt worden ist (2005/09/0181).

Was das bedeutet, sieht man am besten anhand des Falles, den das Höchstgericht zu entscheiden hatte. Eine Frau, eigenen Angaben zufolge eine „zeigefreudige Dicke“, die alles Extreme liebe, war zu einer Geldstrafe von 300 Euro verdonnert worden. Der Grund: Sie habe in Tirol außerhalb behördlich bewilligter Bordelle „Beziehungen zur Ausübung der Prostitution angebahnt“, was nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz strafbar ist. Sie hat nämlich auf einer Website unter der Rubrik „Callgirls Tirol“ ein Inserat geschaltet: „A., wieder in Innsbruck, Full Service! Zeigefreudige Dicke liebt alles Extreme, ich bin naturgeil, für Vieles offen und habe wirklich Spaß dabei!!!“ Dabei stand, wie sich zwei auch zur mitternächtlichen Stunde im Dienst für Recht und Ordnung nicht faule Polizisten vergewissern konnten, eine Telefonnummer, unter der A. kontaktiert werden konnte.

Auch konnte die „zeigefreudige Dicke“ um 0.30 Uhr angetroffen werden, nicht aber vermochte sie ein Attest über die – einmal wöchentlich – vorgeschriebene amtsärztliche Untersuchung herzuzeigen. Das trug ihr eine zweite Strafe, hier in Höhe von 50 Euro, ein.

Nur vorläufig, allerdings, denn der VwGH hob die Strafen auf. Beide Male waren die Voraussetzungen für die Anwendung der Strafbestimmungen nicht hinreichend geklärt. Punkto Anbahnung vermerkte der Strafbescheid zum Tatort bloß, dass die Website „auch in Innsbruck verbreitet“ werde – was zur Strafbarkeit ausreiche –, wohingegen sich A. in ihrer Beschwerde darauf berief, dass der Server mit der Seite nicht in Tirol stehe – was eine Bestrafung ausschließe.

Für den VwGH führt keiner der beiden Ansätze zum Ziel. Vielmehr sei der Tatort dann in Tirol gelegen, wenn A. dort „zumindest eine zum Tatbild der Prostitution (...) gehörende Handlung gesetzt hat“. Deshalb wäre zu untersuchen gewesen, was die Dame wo getan hat, um das Online-Inserat erscheinen zu lassen: wo sie etwa die „Initialhandlung“ vorgenommen habe, die der Freischaltung der Einschaltung voranging. Punkto amtsärztlicher Untersuchung vermisste der Gerichtshof genauere Hinweise, worauf die Behörde die Annahme stützte, dass A. „gewerbsmäßig“ der Prostitution nachgehe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2008)

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