Mit „wie besichtigt und probegefahren“ eingefahren

Oberster Gerichtshof: Ein Gewährleistungsverzicht beim Gebrauchtwagenkauf vom Privaten ist wirksam.

WIEN (kom). Die augenfälligsten Defekte bei Gebrauchtautos sind oft noch die harmlosesten: Einigermaßen ahnungslos ließ sich die Käuferin eines knapp elf Jahre alten Golf TDI vom privaten Verkäufer zusichern, dass er einen wackeligen linken Außenspiegel schon noch reparieren lassen werde. Stümperhaft klebte der Mann dann den Spiegel an, und das Auto mit einem Kilometerstand von 147.000 wechselte nach einer Proberunde für 5300 Euro den Besitzer. „Wie besichtigt und probegefahren“ stand im unterschriebenen Muster-Kaufvertrag, mit dem die Frau ziemlich eingefahren ist.

Neben ein paar anderen sofort erkennbaren Mängeln – Kratzer, Dellen, Heckschaden – entstanden oder zeigten sich in den darauf folgenden Monaten weitere mehr oder weniger schwerwiegende Defekte: Ein Fensterheber fiel aus, das Schiebedach ließ sich nicht mehr schieben, die Verkleidung der Heckklappe fiel – ebenso wie die Zündschlossverkleidung – herunter, die geknickte Antenne brach vollends ab.

Stichflamme beim Türöffnen

Als die Tochter der Frau eines Tages eine hintere Seitentüre öffnete, sah sie eine Stichflamme – Folge eines verborgenen Defekts in der Verkabelung, wie später gemutmaßt wurde: Die versteckt verlegten Kabelbäume waren spröde und zum Teil abisoliert, sodass es jederzeit zu Kurzschlüssen kommen konnte. Weil die Sicherungen mehrmals durchbrannten, konnte der Pannendienst nur noch empfehlen, das Auto in eine Werkstatt bringen zu lassen. Bis dahin war die Frau allerdings immerhin an die 14.000 Kilometer mit dem altersschwachen Golf gefahren.

Weil er nun aber gar nicht mehr zu gebrauchen war, wollte sie das Auto dem Verkäufer zurückgeben. Der wollte von dem Gefährt nichts mehr wissen, wurde jedoch vom Bezirksgericht Pregarten verpflichtet, es zurückzunehmen: Unter Abzug von 1000 Euro Benützungsentgelt und 1000 Euro für Schäden, die von der neuen Besitzerin verursacht wurden, sollte er den Kaufpreis zurückerstatten. Dem Einwand des Beklagten, die Käuferin hätte auf die Gewährleistung verzichtet, begegnete das Gericht mit dem Hinweis, dass auf die Geltendmachung von Mängeln, die dem Auto die Verkehrssicherheit nehmen, nicht verzichtet werden könne.

Dem wollte das Landesgericht Linz nicht folgen: Der Kaufvertrag zwischen Privaten habe sehr wohl einen Gewährleistungsausschluss beinhalten können, und zwar auch hinsichtlich verborgener Mängel. Schließlich fand sich darin auch der Zusatz „unter Ausschluss von Gewährleistung und Garantie“ – eine Einschränkung des Verzichts auf erkennbare Mängel sollte offenbar vermieden werden.

Keine Eigenschaften zugesichert

Der Oberste Gerichtshof billigte dieses Urteil als vertretbar und wies eine Revision der Klägerin zurück (2 Ob 189/07v). Dass die Verkabelung brandgefährlich war, dürfte dem Verkäufer gar nicht bekannt gewesen sein, und Verkehrssicherheit war weder ausdrücklich noch schlüssig zugesichert. Wie sagte denn der Gerichtshof schon vor 20 Jahren? Beim Gebrauchtwagenkauf müssen Mängel „innerhalb eines gewissen Rahmens hingenommen“ werden, normale Verschleißerscheinungen und das Risiko auch größerer Reparaturen seien nicht ausgeschlossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2008)

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