Vorwurf der Willkür ist keine Polemik

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OGH spricht Anwalt von Disziplinarvergehen frei.

Wien. Rechtsanwälte, die Behörden besonders heftig kritisieren, machen sich nicht zwangsläufig eines Disziplinarvergehens schuldig. Der Oberste Gerichtshof hat deshalb die Verurteilung eines Rechtsanwalts durch den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich aufgehoben. Der begründete Vorwurf von Willkür in den Schriftsätzen des Anwalts war demnach nicht als pauschalierende Polemik zu qualifizieren (28 Os 3/14x).

Mit drastischen Worten hatte der Rechtsanwalt eine Grundverkehrskommission in Niederösterreich kritisiert: Er hatte sowohl der Behörde als auch ihren Beamten Willkür vorgeworfen, ein Beamter bekenne seine „Gleichgültigkeit gegenüber dem Gesetz“, die Bezirkshauptmannschaft setze sich „durch die Verkennung der Rechtslage dem Vorwurf der Willkür aus“.

1500-Euro-Strafe gekippt

Der Disziplinarrat sah darin einen Verstoß gegen die Berufspflichten des Anwalts und verurteilte ihn unter Bedachtnahme auf einen vorangegangenen Verweis zu 1500 Euro Zusatzstrafe. Zwar sei der Anwalt voll berechtigt, Kritik an Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden zu üben. Das Abgleiten in pauschalierende Polemik trage jedoch nicht zur Rechts- und Wahrheitsfindung bei. Vielmehr impliziere der Vorwurf der Willkür auch den Vorwurf des Amtsmissbrauchs.

Wie jedoch der OGH erkannte, war die Kritik Teil einer umfangreichen Argumentation gegen eine als unsachlich und unzureichend begründet empfundene Ansicht der Behörde. Mit der pointierten Missbilligung gehe keineswegs automatisch der Vorwurf eines strafgesetzwidrigen Vorgehens oder einer ehrenrührigen Handlungsweise einher. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2014)

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