Brandstetter nimmt Hassposter ins Visier

MINISTERRAT: BRANDSTETTER
MINISTERRAT: BRANDSTETTER(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Der Justizminister erwägt härtere Sanktionen für Verhetzung und ein präziseres Gesetz. Prozesse zeigen, dass der bisherige Tatbestand immer wieder Fragen aufwirft.

Wien. Justizminister Wolfgang Brandstetter sagt Hetzern den Kampf an. Auch strengere Strafen sind angedacht – und die Prävention soll ausgebaut werden. Das kündigte der Minister im Vorfeld des für den Herbst geplanten Gipfels zum Thema an. Dieser war ins Leben gerufen worden, nachdem auf den Facebookseiten mehrerer Minister hetzerische Postings aufgetaucht waren. So sah sich Außenminister Sebastian Kurz auf seiner Seite mit antisemitischen Userkommentaren konfrontiert.

Möglicherweise müsse der Tatbestand der Verhetzung klarer definiert werden, sagte Brandstetter am Mittwoch im ORF-Radio. Die jetzige Formulierung des Paragrafen könne ein Grund dafür sein, dass es nur wenige Verurteilungen gebe. In Schulen wünscht sich der Minister einen speziellen Aufklärungsunterricht, damit Hasspostings nicht vorkommen. Und das Strafausmaß für Verhetzung könnte künftig über die bisherigen zwei Jahre hinausgehen. „Ich würde das nicht ausschließen wollen“, so Brandstetter.

Doch wo liegen die Probleme beim bisherigen Paragrafen? Das jüngste Beispiel, um den ungewissen Umgang mit der Norm aufzuzeigen, ist der Fall August Penz. Der Spitzenkandidat der FPÖ bei der Innsbrucker Gemeinderatswahl 2012 war wegen des Plakatspruchs „Heimatliebe statt Marokkanerdiebe“ vor Gericht gestanden. Wobei: Zunächst bot das Landesgericht Innsbruck an, die Sache schnell per Diversion (Niederschlagung des Strafverfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrages) zu erledigen.

Das Oberlandesgericht widersprach. Nun verhandelte das Landesgericht die Sache und sprach Penz schuldig. Den Schuldspruch hob das Oberlandesgericht aber wieder auf. Alles von vorn: Nun sprach das Landesgericht Penz frei. Ein Urteil, das jetzt auch vor dem Oberlandesgericht halten sollte und somit rechtskräftig wurde.

Ein anderes Beispiel: Ein 19-Jähriger war wegen eines dümmlichen Türkenwitzes, den er im Internet gepostet hatte, angeklagt. Wörtlich schrieb er auf Facebook: „Warum gibt's in da türkei koane samenspender??? ... weil di ganz wixxa bei uns sein;)“ (sic!). In erster Instanz wurde der Mann verurteilt, in zweiter freigesprochen. Denn der Jugendliche habe ein Smiley-Zeichen an das Ende des Witzes gesetzt und so ausgedrückt, dass er alles nicht ernst gemeint habe („Die Presse“ berichtete im Vorjahr im Rechtspanorama).

Judikatur: Keine klare Linie

Eine einheitliche Linie lässt sich aus der Judikatur schwer ableiten. So sah die Justiz in der Äußerung, „man habe nichts gegen Neger, jeder sollte sich einen halten“, eine Verhetzung. Diese wurde hingegen nicht festgestellt, als ein trunkener Raufbold zu seinem Kontrahenten die Worte „Scheiß Zigeuner, ihr gehört alle weggeräumt, ihr werdet nie eine Ruhe haben“, sprach. Die Bezeichnung „hebräische Hochfinanz“ wiederum ist laut Gericht eine Verhetzung, weil das jüdische Volk als solches damit gemeint ist.

Das Gesetz zählt explizit auf, wer vor Anfeindungen geschützt ist. So wird Hetze gegen Gruppen wegen ihrer Religion, Rasse, Hautfarbe, Sprache, Weltanschauung, Staatsangehörigkeit, Abstammung sowie wegen ihres Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung bestraft. Verboten ist es, öffentlich zu Gewalt gegen diese Gruppen aufzurufen oder gegen sie zu hetzen. Zudem wird bestraft, wer die aufgezählten Gruppen „in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht“.

Dieser Punkt ist umstritten: Als die Liste der geschützten Gruppen vor einigen Jahren erweitert wurde, warnten Strafrechtler davor, dass auch Kabarettisten nun strafbar werden könnten, wenn sie sich in Sketches etwa über Schwule, alte Menschen oder Frauen lustig machen. Eine Anklage in diese Richtung gab es jedoch bisher noch nie.

„Präzisierung sinnvoll“

Was könnte man nun tun, um Verhetzungen in Österreich hintanzuhalten? Die Androhung höherer Strafen bringe nichts, meint Strafrechtsprofessorin Margarethe Flora von der Uni Innsbruck. „Zwei Jahre sind bereits eine angemessene Strafdrohung“, betont die Expertin zum Status quo. Der Idee des Justizministers, im Strafgesetzbuch genauer festzuhalten, wann eine Verhetzung vorliegt, kann die Juristin aber sehr wohl etwas abgewinnen. „Eine Präzisierung von Straftatbeständen ist immer sinnvoll“, sagt Flora im Gespräch mit der „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2014)

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