Analyse: Heinz-Christian Straches Balanceakt

FPÖ-CHEF STRACHE
FPÖ-CHEF STRACHE(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die FPÖ profitiert von den Streitereien in der Regierung. Doch das Dasein als Protestpartei hat auch Nachteile: Parteiobmann Strache wird zeigen müssen, ob er regierungsfähig ist.

Wien. Heinz-Christian Strache nutzte die Chance gleich zu Beginn. Binnen weniger Minuten holte er am Montagabend zum Angriff aus: „Reinhold Mitterlehner war die vergangenen Jahre dabei. Ich frage mich aber, wo die angekündigte Entfesselung der Wirtschaft geblieben ist", sagte der FPÖ-Chef beim ORF-„Sommergespräch" mit Bürgeranwalt Peter Resetarits. Als Neuanfang könne man die Regierungsumbildung unter Vizekanzler Mitterlehner laut Strache nicht sehen.

Jede andere Wortmeldung hätte auch überrascht. Die harsche Regierungskritik hat für die FPÖ schließlich System. Wie keine andere Oppositionspartei wollen sich die Freiheitlichen von der Koalition distanzieren. Und sich so als Protestpartei positionieren.
Doch diese Taktik birgt auch Gefahren in sich. Das zeigten auch die eingeblendeten Bürger-Meinungen beim „Sommergespräch": „Er hat politisch keinen Weitblick", hieß es dazu. Oder: „Er ist zu aggressiv, er hat keine Verbesserungsvorschläge." Wollen es die Freiheitlichen also tatsächlich in die Regierung schaffen, müssen sie der Bevölkerung zeigen, dass sie regierungsfähig sind. Strache versuchte das auch, indem er nach und nach ruhigere und sanftere Töne anschlug („Vor mir braucht keiner Angst haben") und sachlicher wurde („Wir sagen nicht überall nein").

Detaillierte Reformideen gab es am Montag trotzdem nicht zu hören. Noch kann die FPÖ auch von den koalitionsinternen Streitereien profitieren. Denn je schlechter das Image der Regierung, desto besser die Umfragewerte der FPÖ: In den vergangenen Wochen erreichte die Partei bei verschiedensten Befragungen zwischen 25 und 28 Prozent - und landete damit (je nach Institut) auf Platz zwei bzw. eins.

FPÖ auf Partnersuche

Doch egal wie erfolgreich die FPÖ bei Wahlen tatsächlich sein wird - um regieren zu können, muss sie den anderen Parteien zeigen, dass sie kooperationsfähig ist. Noch will keine der (sogenannten) Großparteien mit den Freiheitlichen zusammenarbeiten. Die Sozialdemokraten unter Werner Faymann schließen Rot-Blau dezidiert aus, auch in der ÖVP galt Schwarz-Blau in den vergangenen Jahren zumindest nicht als optimale Variante.

Auf die Probe gestellt wird die Regierungsfähigkeit der FPÖ jedenfalls in den nächsten Wochen und Monaten bei verschiedenen Landtagswahlen. Etwa am 21. September in Vorarlberg: Die ÖVP wird aller Voraussicht nach die absolute Mehrheit im Ländle verlieren - und sich einen Partner suchen müssen. „Wir wollen so stark werden, dass eine Zusammenarbeit möglich ist", meinte Strache dazu am Montag.

In der Steiermark landete die FPÖ sowohl bei der Nationalrats- als auch bei der EU-Wahl auf Platz eins. Bei der Landtagswahl wird sie vor allem um Stimmen der SPÖ buhlen - einige Protestwähler könnte hier aber auch das Team Stronach anziehen. Straches Ziel sei ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Landeshauptmann, sagte er.

Duell mit Häupl in Wien

Priorität hat für Strache aber die Wien-Wahl im Jahr 2015: Nachdem der Parteichef im vorigen Jahr noch das Amt des Kanzlers anstrebte, will er nun Bürgermeister werden. Amtsinhaber Michael Häupl hat er bereits zum Duell herausgefordert. Das hat vor allem taktische Gründe: Durch den Lagerwahlkampf soll die Wahl auf zwei Personen bzw. Parteien zugespitzt werden. „Damit wir vielleicht in Wien stärkste Kraft werden", so Strache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2014)

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