Steuern werden Chefsache in SPÖ

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Die ÖGB-Führung steht bei der Steuerreform selbst unter massivem Druck. Ministerposten im SPÖ-Team sind für die Gewerkschaft kein Ersatz dafür. Kanzler Faymann versucht, in die Offensive zu gehen.

Wien. Mit der kommende Woche bevorstehenden SPÖ-Regierungsumbildung verhilft Bundeskanzler Werner Faymann der Gewerkschaft zwar zu neuen Ministerposten. Immerhin soll ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser zur Gesundheitsministerin aufsteigen. Allerdings ist damit für den Regierungschef in der Koalition und in der SPÖ die Front in der im Herbst zentralen Frage in der Koalition nicht bereinigt: Denn im Gewerkschaftsbund (ÖGB) denkt man nicht daran, als „Dank“ dafür, den Druck auf Faymanns rot-schwarze Regierung bei der Forderung nach einer Steuerreform herauszunehmen.

Der Bundeskanzler und SPÖ-Chef tritt daher in den kommenden Wochen eine Art Flucht nach vorn an. Werner Faymann ist verstärkt bemüht, in der rot-schwarzen Bundesregierung das Ruder bei der Steuerreform jetzt selbst verstärkt in die Hand zu nehmen. Nach der Vorlage von Zwischenergebnissen der Expertenkommission im September soll es, wie zu erfahren war, konkrete Beratungen mit dem Koalitionspartner ÖVP geben. Ziel ist dem Vernehmen nach eine Vereinbarung mit dem Koalitionspartner, mit der die Umsetzung der Steuerreform im Lauf des Jahres 2015 „garantiert“ wird – am besten vor dem SPÖ-Bundesparteitag heuer am 28.November.

Faymann selbst hat dabei bereits mehrfach den Juli kommenden Jahres als Starttermin für eine Steuerreform und Entlastung genannt. Das Kalkül dabei: In der ÖVP könnte nach Verlusten für die Volkspartei bei der Vorarlberger Landtagswahl am 21.September der Druck der ÖVP-Landeschefs vor dem Landtagswahljahr 2015 (Wien, Oberösterreich, Steiermark, Burgenland) auf Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger für eine baldige Steuerreform steigen.

Verbindungsmann Hundstorfer

In der SPÖ-dominierten Gewerkschaft wird inzwischen zufrieden zur Kenntnis genommen, dass künftig vier von sechs SPÖ-Ministern aus den eigenen Reihen kommen sollen. Damit steigt der direkte Einfluss der roten Arbeitnehmervertreter in Faymanns Team. Bisher war dort in erster Linie Ex-ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer als Sozialminister zentraler Verbindungsmann, der auch für die Umsetzung von ÖGB-Wünschen zuständig war.

Allerdings sieht man in Gewerkschaftskreisen bei den geplanten Personalrochaden keinerlei Zusammenhang zur ebenfalls laufenden Diskussion um die Steuerreform. Denn bei dieser handle es sich um eine reine Sachfrage.

Bei der Steuerreform steht allerdings nicht nur Faymann unter Zugzwang. Der Gewerkschaftsbund mit seinem Präsidenten, Erich Foglar, hat mit der breit angelegten Kampagne zur Lohnsteuersenkung die Erwartungen und Hoffnungen für eine Steuerentlastung inklusive Vermögensteuern inzwischen so hoch geschraubt, dass er nicht mehr zurückstecken könne, wird betont. Die Gewerkschaft steht ihrerseits unter dem Druck ihrer Mitglieder und der Beschäftigten, fixe Zusagen über Steuererleichterungen im Lauf des Jahres 2015 zu bekommen.

Verstärkte Aktivitäten des ÖGB

Deswegen wird nach dem Ende der Sommerferien die Werbetrommel für die Unterschriftenaktion, die bisher rund 400.000 Unterstützer gefunden hat, intensiver gerührt. Zusätzlich wird damit der Druck auf die Regierung und Faymann erhöht, indem nach der Präsentation eines Papiers zur Steuerentlastung (mit einem Modell für Vermögen- und Erbschaftssteuer) am 18.September Betriebsräte österreichweit ins Wiener Austria Center geladen werden.

Der Machtzuwachs der Gewerkschaft wird auch auf das gute Verhältnis zwischen dem Bundeskanzler und Wolfgang Katzian zurückgeführt, der nicht nur Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten und Drucker, sondern auch Chef der SPÖ-Gewerkschaftsfraktion ist. Der Unterschied zur Vergangenheit ist markant. Den Tiefpunkt haben die Beziehungen nach dem Bawag-Finanzskandal 2006 erreicht, als Ex-SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in der Folge Spitzengewerkschafter nicht mehr im Parlament haben wollte.

Faymann hat schon mit seinem Amtsantritt 2008 die Wende in den Beziehungen eingeleitet. Mit stärkerer Einbindung von Gewerkschaftern versucht er, seine Position für die Wiederwahl beim SPÖ-Bundesparteitag Ende November zu verbessern. Faymann könne aber, so wird versichert, den ÖGB mit Ministerposten nicht dazu bringen, bei seiner Forderung nach Vermögensteuern nachgiebiger zu sein, um in der Koalition einen Kompromiss mit der ÖVP zu erleichtern.

AUF EINEN BLICK

Weitere Infos:www.diepresse.com/steuernSteuerreform. Am 16.September beschließt der ÖGB-Bundesvorstand sein Konzept für eine Steuerreform. Am 18.September treffen hunderte Betriebsräte in Wien zusammen, um den Druck für eine rasche Steuerentlastung der Arbeitnehmer zu erhöhen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2014)

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