Pop

Schön ist so ein Ringelspiel: Wohlfühlmusik mit Klangkarussell

Sputnik SpringBreak Festival 2014 Klangkarussell Tobias Rieser und Adrian Held am Rande eines A
Sputnik SpringBreak Festival 2014 Klangkarussell Tobias Rieser und Adrian Held am Rande eines A(c) imago/STAR-MEDIA (imago stock&people)
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Klangkarussell sind die unbekanntesten Superstars, die je aus Österreich kamen. Nach ihrer Hitsingle „Sonnentanz“ präsentieren sie nun ihr Debütalbum.

Sämtliche ihrer Musikstücke strahlen die Zuversicht eines sonnigen Sommermorgens aus. So auch „Netzwerk (Falls Like Rain)“, ihre aktuelle Single, die bereits zweieinhalb Millionen Mal auf YouTube angeklickt wurde. Um dieses weltumarmende Feeling in der rechten Weise zu illustrieren, haben Klangkarussell den ukrainischen Freeclimber Mustang Wanted im Video eingesetzt.

Er zeigt waghalsige Stunts über den Dächern von Belgrad. Afrikanische Gesänge würzen die hypnotischen Klangschleifen des österreichischen Duos. Klangkarussell besteht aus den beiden Salzburgern Tobias Rieser und Adrian Held, die früh an musikalischen Möglichkeiten getüftelt haben. Adrian begann im elterlichen Tonstudio, Schlagzeug zu lernen. Tobias verzärtelte in jüngeren Jahren die Posaune. So richtig von der Musik infiziert wurden die beiden allerdings erst im Clubkontext.

„Wir haben zuweilen auch selbst Abende organisiert, weil wir mit dem, was es so im Salzburger Land gab, nicht wirklich zufrieden waren“, sagt Tobias fast schuldbewusst. Während überall in der Welt große Umbrüche stattfinden, die Jugend revoltiert, basteln Klangkarussell an einer Wohlfühlmusik für Nachtklubs, die Ibiza-Feeling vermitteln wollen. „Message darf kein Zwang sein. Uns geht es in erster Linie um Musik“, wiegelt Tobias ab. Nachsatz: „Es gibt auch eine Menge toller Instrumentals.“

Erster europaweiter Hit

Begonnen hat ihre große Karriere ganz im Stillen. 2011 veröffentlichten sie ihren Track „Sonnentanz“ auf dem Musikportal SoundCloud. Im Sommer 2012 kam das herrlich triviale Stück dann offiziell auf den Tonträgermarkt und wurde in zahlreichen Ländern Europas zum Hit. Im für ausländische Musiker stets sehr schwierigen Großbritannien schaffte „Sonnentanz“ Platz drei, in den Niederlanden sogar Platz eins. Bald ist herausgekommen, dass die meisten Elemente des Hits aus nur einem Folder des Samplepakets Nu Jazz City stammen, die Loops teilweise fertig übernommen wurden.

Auf Anwürfe reagierten Klangkarussell so stoisch, wie sie den Erfolg hingenommen haben. „Warum soll man nicht versuchen, aus einer einzigen Library einen Song zu kreieren?“, verteidigt sich Tobias. Er bezeichnet die gemeinsame Arbeit als „Herumgespiele, mal mit und mal ohne Samples.“ Dieser Tage haben Klangkarussell ihr erstes Album „Netzwerk“ präsentiert. Für ihr erstes richtiges Opus war es ihnen wichtig, mit einem Major Label zusammenzuarbeiten. „Sie haben sich bei uns gemeldet“, sagt Rieser, der sich bis 2011 auch als Fußballer des SV Grödig probierte. Sind auch die Titel ihrer Nummern nicht so originell wie jene von Paul Kalkbrenner, musikalisch gibt es durchaus Ähnlichkeiten.

Luftige Texturen, die selbst in ihren rhythmischsten Passagen nichts als Relaxtheit vermitteln. Partykultur ist für Klangkarussell schlicht die Kehrseite der Leistungsgesellschaft. Ihr zuzuarbeiten ist für sie eine durchaus noble Aufgabe. Unter Vertrag genommen wurden die beiden in Berlin, Europas Technometropole Nummer eins. Kein Wunder, dass sie dieser Stadt musikalische Reverenz erwiesen haben. „Berlin“ ist ein an- und abschwellendes Ambient-Stück, das sich vor allem für die Afterhour eignet, wenn die Clubber bereits von den ersten Sonnenstrahlen gekitzelt werden.

Individuelle Berühmtheit

„Wir lieben Berlin. Es ist nicht so geordnet wie andere Städte“, sagt Tobias und erinnert sich gern an die vielen durchwachten Nächte dort. Ganz im Einklang mit der Techno- und Ravekultur sehnt er sich nicht nach individueller Berühmtheit.

Klangkarussell mögen es, wenn sie auf der Straße von niemandem erkannt werden. „Ernsthaft haben wir nie an eine Popkarriere gedacht“, sagt Tobias. Ergo gab es bei Klangkarussell zu keinem Zeitpunkt zu viel Ehrgeiz. „Die Dinge müssen langsam wachsen.“ Wichtig ist ihnen, dass ihre Stücke interessant klingen. Massenkompatibilität ist jedenfalls kein Kalkül bei ihrer Arbeit. „Nur keine Wellen“, lautet ihre Devise im Kreativbereich. Weil: „Denen, denen es nicht gefällt, denen gefällt es halt nicht.“

AUF EINEN BLICK

Senkrechtstarter. 2011 gründen Tobias Rieser und Adrian Held ihre Formation Heldenklang. Im selben Jahr folgt die Umbenennung auf Klangkarussell und die Präsentation von „Sonnentanz“ auf dem Musikportal SoundCloud. 2012 wird die Single offiziell veröffentlicht und avanciert zum europaweiten Hit. Im August 2014 kommt das Debütalbum „Netzwerk“ heraus und schlägt groß im deutschen Sprachraum ein (Platz fünf in Österreich, Platz acht in Deutschland, Platz zwei in der Schweiz).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)

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