Datenschutz: „EU ist untätig gegen US-Überwachung"

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Caspar Bowden, ehemaliger Datenschutzberater von Microsoft, warnt vor dem hemmungslosen Zugriff der Amerikaner auf europäische Daten - und wundert sich über die EU.

Caspar Bowden hat etwas von Edward Snowden, dem Mann, der die Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes NSA öffentlich gemacht hat. Auch Bowden ist ein Insider, der auspackt. Im Gegensatz zum ehemaligen NSA-Mitarbeiter Snowden, dem die USA Geheimnisverrat vorwerfen und der in Russland Zuflucht vor dem Zugriff der Amerikaner genommen hat, ist Bowden ein freier Mann. Er verrät auch keine Staatsgeheimnisse, sondern analysiert völlig legal mit Hilfe seines Wissens, das er bei seinem früheren Arbeitgeber angesammelt hat, die aktuellen Bedrohungen des Datenschutzes im Internet vor allem durch die USA. Und die sind groß, warnte Bowden am Donnerstag bei den Rechtsgesprächen.

Warnung vor der Wolke

Bowden war Datenschutzberater des Softwarekonzerns Microsoft. Bis er im März 2011, zwei Jahre vor den Snowden-Enthüllungen, in einem konzerninternen Vortrag davor warnte, dass beim Einsatz von Cloud-Computing in Europa die NSA die Daten scannen könne. In der Cloud (Wolke) werden Daten nicht auf lokalen Rechnern gespeichert, sondern irgendwo an einem für den Nutzer nicht bekannten Ort. Bowden wurde gefeuert. Aber bei seiner Warnung vor dem Zugriff der Amerikaner auf die Daten des Rests der Welt bleibt er. Nach seiner Schilderung verstehen es die USA halbwegs gut, die Privatsphäre ihrer eigenen Bürger zu schützen.

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Für die 95 restlichen Prozent der Weltbevölkerung sieht es aber schlechter aus. Denn die amerikanische Rechtsprechung und Gesetzgebung erlaubt es den Geheimdiensten, fernab von strafrechtlichen Verdachtslagen praktisch auf jegliche Daten zuzugreifen, die für die amerikanische Außenpolitik von Nutzen sind. „Alle für die US-Außenpolitik hilfreichen Daten kommen in Betracht, auch ausdrücklich die politische Überwachung gewöhnlicher und rechtmäßiger demokratischer Aktivitäten", schrieb Bowden in einem Bericht, den er 2013 für das EU-Parlament (Generaldirektion Interne Politikbereiche) verfasst hat und auf den er in Alpbach verwies.

Neues Programm „Quantum"

Technisch ist der Zugriff keine Hexerei, vor allem dann nicht, wenn Daten in der „Wolke" gelagert werden. Bowden warnt vor der Illusion, dass eine verschlüsselte Übermittlung an die Cloud die Daten vor den neugierigen Blicken des Geheimdienstes schützen würde; denn um in der Cloud verarbeitet zu werden, müssen die Daten entschlüsselt werden. Darüber hinaus hätten die NSA mit ihrem neuen „Quantum"-Programm aber auch die Möglichkeit, sich über 100.000 Schaltstellen im Internet unbemerkt in die Kommunikation zwischen Rechnern einzuschleusen.

Bowden vermisst eine Reaktion der EU-Institutionen: Sie blieben untätig, was den Schutz der Privatsphäre der europäischen Bürger gegenüber den US-Geheimdiensten betreffe, sagt er. Die Frage, warum die EU sich zum Komplizen mache und nicht auf die Bedrohungen des Datenschutzes reagiere, lässt Bowden offen.

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