EU-Kommission: Juncker trifft Hahn zur Postenvergabe

Johannes Hahn
Johannes Hahn(c) APA/EPA/OLIVIER HOSLET (OLIVIER HOSLET)
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Der Österreicher ist Fixstarter, dürfte aber nicht mehr Regionalkommissar werden. Im Europaparlament formiert sich bereits Widerstand gegen Junckers neues Team.

Brüssel/Wien. Seit gestern, Montag, hat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit der Zusammenstellung seines Teams begonnen. Noch in dieser Woche wird er mit Johannes Hahn zusammentreffen. Der bisherige österreichische Kommissar wird allen Spekulationen zum Trotz nun fix dem neuen Führungsgremium in Brüssel angehören. Allerdings dürfte er laut Informationen aus Brüssel nicht mehr das Portfolio Regionalpolitik übernehmen. Auch um zwei seiner weiteren Optionen – Wissenschaft und Verkehr – stehe es derzeit schlecht. Noch seien aber andere wichtige Ressorts zu vergeben – darunter Wettbewerb, Digitales, Umwelt.

Für die Nachfolge von Hahn als Regionalkommissar hatte sich die tschechische Kandidatin Vera Jourova in Stellung gebracht, die gestern zu Gesprächen mit Juncker in Brüssel war. Obwohl sie bisher Regionalministerin war, ist ihr Posten noch nicht fix. Eine andere Personalia steht hingegen so gut wie fest: Der französische Ex-Finanzminister Pierre Moscovici dürfte nach anfänglichem Widerstand aus Berlin nun doch das wichtige Wirtschafts- und Währungsressort übernehmen. Juncker wird dem Sozialisten aber einen Kandidaten aus dem Norden als haushaltspolitischen „Aufpasser“ zur Seite stellen, wie der „Spiegel“ berichtete. Für diesen Job kommt der finnische Ex-Regierungschef Jyrki Katainen infrage.

Dienstag will Juncker die Gespräche mit den nominierten Kandidaten fortsetzen. Sein Team soll bis spätestens 10. September zusammengestellt sein – so nicht ausgerechnet Belgien das Prozedere verzögert: Als einziges Mitgliedsland hat es bisher noch keinen Kandidaten nominiert.

(c) DiePresse

Und noch ein Problem könnte den Zeitplan durcheinanderbringen: Nach wie vor sieht es nämlich danach aus, als wäre der Frauenanteil der künftigen Kommission geringer als im Kabinett Barroso II, das neun weibliche Mitglieder zählte. Zwar hat die Wahl der italienischen Außenministerin, Federica Mogherini, zur EU-Außenbeauftragten und Vizepräsidentin der Kommission die Lage ein wenig entspannt. Dennoch droht das EU-Parlament, das die Zusammensetzung der Kommission mit einem Votum bestätigen muss, mit einem Nein.

„Selbst, wenn nun alle ausstehenden Nominierungen Frauen sind, wird der Anteil zu gering bleiben“, kritisiert die grüne Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des Europaparlaments, Ulrike Lunacek im Gespräch mit der „Presse“. Auch der stellvertretende Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Jörg Leichtfried, ist überzeugt, dass die Frauenquote noch zum Stolperstein der neuen Kommission werden könnte.

Juncker drängte zuletzt alle Länder, die noch keinen Kommissar nominiert hatten, eine Frau auszuwählen. Im Fall von Slowenien, das drei mögliche Mitglieder benannt hatte, sprach Juncker vorerst nur mit dem einzigen weiblichen Kandidaten, der bisherigen Ministerpräsidentin Alenka Bratusek. Auch von den Niederlanden und Belgien fordert er eine weibliche Kandidatin.

Widerstand gegen Oettinger

Will Juncker sein Team durch die Abstimmung im Europaparlament bringen, muss er noch auf weitere rote Linien der EU-Abgeordneten achten. So haben beispielsweise die Grünen schon Widerstand gegen Günther Oettinger angekündigt, sollte dieser erneut Energiekommissar werden. Da er nicht in ausreichendem Maße für erneuerbare Energiequellen eintritt, „ist er in dieser Position inakzeptabel“, so Lunacek. Für die Grünen seien alle Kandidaten ausgeschlossen, die der Schiefergasgewinnung positiv gegenüberstehen.

Heikel wird auch die Bestellung des Handelskommissars. Die meisten Fraktionen würden eine Person ablehnen, die sich nicht klar gegen Investitionsschutzklauseln in den derzeit verhandelten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada aussprechen. Ein klares Nein hat deshalb auch der bisherige belgische Handelskommissar, Karel de Gucht, zu erwarten, sollte er für diesen Posten erneut kandidieren.

Nicht zuletzt muss auch die politische Balance in der neuen Kommission passen. Andernfalls wäre auch das ein Grund für eine Ablehnung durch das Europaparlament, so Leichtfried. Nach den derzeitigen Nominierungen gibt es einen starken Überhang an christdemokratischen Kandidaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2014)

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