Riesenbetrug mit gefälschten Pillen

(c) APA/dpa-Zentralbild/Matthias Hie (Matthias Hiekel)
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Der Onlinehandel mit Medikamenten boomt. Nun ist eine Bande aufgeflogen, die eine große Online-Apotheke für österreichische Kunden aufgebaut hat.

Wien. In Österreich ist der Versandhandel von Medikamenten verboten. Trotzdem bestellen immer mehr Konsumenten Arzneimittel im Internet. Zu den führenden Anbietern gehörte www.apotheke-austria.com. Die Homepage sieht auf den ersten Blick seriös aus. Es wird mit den Logos bekannter Pharmafirmen geworben. „Platz 1: Testsieger Online-Apotheken“, heißt es im Internet. Versprochen werden „gute Beratung und faire Preise“. Die Online-Apotheke soll es seit dem Jahr 2002 geben. Doch nun stellt sich heraus, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging.

Am gestrigen Montag schlug die Polizei in Österreich, Ungarn und Großbritannien zu. Gefasst wurde eine Bande, die Medikamente über mehrere Plattformen, darunter auch www.apotheke-austria.com, verkaufte. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) spricht vom „wohl europaweit größten Schlag gegen den Handel mit gefälschten Arzneimitteln“. Bis dato konnten allein in Österreich rund 20.000 Paketsendungen mit 300.000 gefälschten Arzneimitteln sichergestellt werden.

Es handelte sich dabei vor allem um Potenzmittel (Viagra für Männer und Frauen) sowie Schlankheitsmittel. Verkauft wurden auch Produkte gegen Grippe, Haarausfall und Rauchen.

Präparate aus Südostasien

Die Ermittler hatten die international tätige Bande länger im Visier. Der Anführer, ein israelischer Staatsbürger, wurde im Rahmen einer Familienfeier mit 200 Gästen festgenommen. Weiters kam es zu 20 Hausdurchsuchungen in Österreich und Ungarn. Es gab acht Festnahmen in Wien und eine in Niederösterreich. Unter den Festgenommenen befinden sich auch zwei Österreicher, sie sollen aber nicht zu den Haupttätern gehören.

Bei den Durchsuchungen wurden 130.000 Euro Bargeld und rund eine Million Tabletten mit einem Verkaufswert von rund zehn Millionen Euro sichergestellt. Die Präparate wurden meist in Südostasien hergestellt.

Die Recherchen begannen, weil ein Paket wegen zu geringer Frankierung von Österreich an den vermeintlichen Absender, eine Apotheke in Spanien, zurückgeschickt wurde. Doch die Spanier bestritten, die Medikamente versandt zu haben. Unter dem Codenamen Operation Vigorali wurden die Ermittlungen in mehreren Ländern durchgeführt. Der Name setzt sich aus „vigor“ (Spanisch für Kraft und Potenz) und „ali“ (für die spanische Stadt Alicante) zusammen.

Die EU-Kommission will demnächst ein Logo einführen. Es soll Konsumenten helfen, die Seriosität einer Online-Apotheke zu prüfen. Auf Druck der EU muss der Onlinehandel von rezeptfreien Medikamenten auch in Österreich erlaubt werden. Umgesetzt werden soll dies ab Mitte 2015. In der Anfangsphase wollen rund 65 österreichische Apotheken beim Onlineverkauf mitmachen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2014)

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