Krank in den Urlaub: Entlassung gilt

Clemens Fabry
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Auch wer als Beifahrer und am letzten Tag des Krankenstands in die Ferien fährt, riskiert den Job. Eine Frau musste wissen, dass lange Fahrten schaden, sagt der OGH.

Wien. Zwischendurch schaute es so aus, als würde die Frau ihre Entlassung erfolgreich anfechten. Doch am Ende drehte der Oberste Gerichtshof (OGH) das Urteil wieder um. Und stellte klar, dass man als Mitarbeiter einen Krankenstand nicht zu locker nehmen darf.

Die Frau hatte ihren Arbeitgeber ursprünglich gebeten, schon am 25. Mai Urlaub zu bekommen. Sie wolle für den geplanten Urlaub in Serbien schon an diesem Tag anreisen. Der Arbeitgeber kam dem Wunsch der Frau, die in der Eisen- und Metallindustrie arbeitete, nicht nach. Am 23. Mai erklärte die Frau dem Arbeitgeber, dass es ihr wegen Blutdruckproblemen nicht gut gehe, drei Tage Krankenstand seien genug. Darauf suchte sie einen Arzt auf, der sie wegen einer eitrigen Rachenentzündung (Pharyngitis) bis 25. Mai krankschrieb. Der Mediziner verordnete der Frau Antibiotika und körperliche Schonung. Von neun bis elf und von 14 bis 17 Uhr genehmigte er ihr Ausgehzeiten.

Firma rief während Fahrt an

Am 25. Mai, dem letzten Tag des Krankenstands und bevor auf sie mehrere arbeitsfreie Tage warteten, fuhr die Frau aber bereits mit ihrem Ehemann nach Serbien. Der Mann war am Steuer, die Frau Beifahrerin. Nun rief der Produktionsleiter aus der Firma bei der Frau an. Sie sagte zunächst, sie sei beim Einkaufen. Beim dritten Anruf der Firma erklärte die Frau schließlich, sie könne nicht wie gewünscht nach ihrem „Einkauf“ vom Festnetz aus zurückrufen, weil sie schon auf dem Weg nach Serbien sei. Darauf wurde die Frau entlassen.

Sie klagte dagegen und forderte eine Kündigungsentschädigung. Ihre Argumentation: Sie sei schon fieberfrei gewesen und habe nur noch Schluckbeschwerden gehabt. Die vom Arzt angeordnete Ausgehzeit habe sie zwar überschritten, aber deswegen dürfe man sie nicht entlassen. Das Landesgericht Wiener Neustadt bestätigte aber die Entlassung. Das Oberlandesgericht Wien gab hingegen der Frau recht: Der Arzt habe Autofahrten nicht ausdrücklich verboten. Ihr Verhalten sei der Frau gerade noch nicht subjektiv vorwerfbar.

Der OGH (8 Ob A47/14s) entschied hingegen, dass die Entlassung korrekt war. „Jeder Arbeitnehmer muss wissen“, befand der OGH, dass man sich bei einer Krankheit wie jener der Frau „nicht einer mehrstündigen Autofahrt aussetzen darf, ohne eine Verschlechterung des Gesundheitszustands zu riskieren“. Dieses Wissen sei „auch ohne genaue ärztliche Anweisung allgemein geläufig“.

Stark vom Einzelfall abhängig

Was ein Arbeitnehmer darf, hängt vom Grund des Krankenstands ab. So kann es erlaubt sein, im Krankenstand ins Kino oder Theater zu gehen, wenn der Arzt keine Einwände hat. Gleichzeitig kann man auch von zu Hause aus seine Entlassung riskieren: So ortete die Judikatur eine wesentliche Pflichtverletzung bei einem im Krankenstand befindlichen Mitarbeiter, der trotz eines Hexenschusses eineinhalb Stunden Laub zusammenkehrte und ein hohes Fenster reinigte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2014)

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