Wiener Bauordnung: Befristete Baulandwidmung läuft leer

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Die Stadt will Spekulanten entgegenwirken. So, wie das novellierte Gesetz formuliert ist, muss sie diese aber entschädigen, wenn bestehendes Bauland befristet wird.

Wien. Die diesjährige Reform der Wiener Bauordnung wurde von der Stadtregierung als „Vorzeigeprojekt“ präsentiert. Neben Flexibilisierungen im Bereich der Bauvorschriften bringt die Bauordnungsnovelle auch ein Novum im Bereich der Flächenwidmung. Um das „Horten“ von Bauland zu verhindern und Spekulanten entgegenzuwirken, wurde in § 4 Abs 4 BauO die Möglichkeit geschaffen, die Widmung Bauland befristet auszuweisen.

Bei Umwidmung eines Baulandgundstücks z.B. in Grünland hat nach verfassungsgerichtlicher und oberstgerichtlicher Rechtsprechung der Eigentümer Anspruch auf Entschädigung, etwa wegen Wertminderung und Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Baulandwidmung getätigt hat (wie Aufschließungskosten).

Die Wiener Bauordnung sieht für solche Fälle einen Entschädigungsanspruch vor; der Eigentümer hat einen Einlösungsanspruch: Er kann den Grund der Gemeinde zum Baulandmarktpreis verkaufen. Diesen Anspruch schließt die Novelle für den Fall der befristeten Baulandwidmung nun aus (§ 59 Abs 2 Z 5 BauO): „Ein Einlösungsanspruch steht nicht zu, wenn die Widmung Bauland durch Ablauf einer gemäß § 4 Abs 4 ausgewiesenen Frist außer Kraft tritt.“ Da aber schon die bloße Befristung selbst (und nicht erst der Ablauf der Befristung) für den Eigentümer, dessen Grundstück bereits unbefristet als Bauland gewidmet war, einen Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Eigentum darstellt, steht dem Eigentümer wohl schon in diesem Fall ein Ersatzanspruch zu.

Die Möglichkeit, Bauland zu befristen, gibt es auch in Niederösterreich und Burgenland. Allerdings ist sie dort besser durchdacht: Zum einen ist sie nur bei Neuwidmungen von Bauland möglich. Zum anderen ist die Frist mit fünf Jahren (NÖ) bzw. von fünf bis zehn Jahren (Bgld.) festgelegt. Ferner kann nach Ablauf der Frist die Gemeinde die Widmung binnen eines Jahres ändern. Die Widmung Bauland bleibt also zunächst bestehen. Nur wenn die Gemeinde innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Frist die Baulandwidmung aufhebt, besteht kein Entschädigungsanspruch wegen Wertverlusten bzw. getätigter Aufwendungen. Wenn die Gemeinde allerdings erst später rückwidmet, hat der Eigentümer wieder Anspruch auf Entschädigung, was der Vertrauensschutz auch gebietet.

Was muss der Eigentümer tun?

Demgegenüber enthält die Regelung in Wien außer einer Bezugnahme auf die gesetzlichen Planungsziele keine weitere Determinierung. Hier sind befristete Baulandwidmungen weder auf Neuwidmungen noch zeitlich beschränkt, könnten also auch bestehende Widmungen betreffen und verfassungswidrig kurz bemessen sein. Auch ist unklar, welche Schritte der Eigentümer setzen muss, um ein Auslaufen der Baulandwidmung zu verhindern (reicht bereits die Baubewilligung, oder muss die widmungskonforme Bebauung vor Fristablauf fertig gestellt sein?).

Ferner ist offen, welche Widmung gelten soll, wenn die Befristung abläuft. Der Ausschluss des Einlösungsanspruchs gem. § 59 Abs 2 Z 5 gilt ja nur dann, wenn die Widmung Bauland „durch Ablauf“ der Befristung „außer Kraft tritt“. Ob die Baulandwidmung aber überhaupt durch bloßen Ablauf außer Kraft treten kann, ist ebenfalls unklar. Der VfGH sprach in einer Entscheidung vom 2. 3. 2000 (V60/ 98) aus, dass nach Ablauf einer Befristung die ursprüngliche Widmung nicht wieder auflebte. Dass nach Fristablauf eine bestimmte andere Widmung gilt, sieht die Bauordnung aber auch nicht vor.

Bleibt nur ein Automatismus im Flächenwidmungsplan. Dieser wäre verfassungsrechtlich aber fragwürdig: Jeder Widmungsänderung hat eine umfangreiche Grundlagenforschung voranzugehen; liegt sie bereits Jahre zurück, kann sie wohl nicht mehr als aktuell gelten. Wenn die Baulandwidmung hingegen nur außer Kraft tritt, ohne dass gleichzeitig eine andere Widmung in Kraft tritt, entsteht ein „weißer Fleck“, der – ausgehend vom Grundsatz der Baufreiheit – bebaut werden dürfte. Eine anschließende Widmung in Grünland würde dann wiederum eine Einschränkung der Eigentumsfreiheit darstellen, für die nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen Entschädigung zu leisten wäre.

Insgesamt erscheint die gesetzliche Konstruktion der befristeten Baulandwidmung daher eher undurchdacht, verfassungsrechtlich bedenklich und zudem zahnlos.


Mag. Trapichler ist Rechtsanwalt bei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2014)

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