170.000 Euro Schmerzengeld für zerstörten Unterleib

(c) FABRY Clemens
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Der Oberste Gerichtshof dehnt den Schadenersatz für schwerste Körperverletzungen aus.

Für schwerste Verletzungen soll das Schmerzengeld  „tendenziell nicht zu knapp bemessen“ werden: Mit dieser Begründung billigt der Oberste Gerichtshof (OGH) ein Urteil, mit dem eine Frau 170.000 Euro Schmerzengeld zugesprochen erhielt. Der Frau war bei einem Motorradunfall der Unterleib weitgehend zerstört worden.

Traktorgespann bog pötzlich ab

Die heute 52-Jährige war als Beifahrerin auf der Maschine ihres Mannes unterwegs. Als der gerade ein Traktorgespann überholen wollte, bog der Traktorfahrer plötzlich links in einen Schotterweg ab. Die Frau wurde auf der harten Straßenoberfläche von den Zwillingsreifen des Anhängers überrollt.

Massivste Verletzungen vom Unterbauch bis zu den Oberschenkeln waren die Folge: Innerhalb von zwei Monaten musste die Frau 22 Mal operiert werden. Unter anderem musste ein künstlicher Darmausgang gelegt werden, der später rückoperiert wurde; sie hat im Unterleib wechselweise gar kein Gefühl oder starke Schmerzen.  Selbst starke Medikamente können der Patientin die Schmerzen nicht nehmen. Sie ist mittlerweile von Opiaten abhängig, depressiv und von einer posttraumatischen Belastungsstörung geplagt. Geschlechtsverkehr ist für sie nur unter großen Schmerzen und daher praktisch gar nicht möglich.

Versicherung: 110.000 Euro genügen

Schon das Landesgericht Innsbruck gestand der Frau 170.000 Euro Schmerzengeld zu, und das Oberlandesgericht bestätigt diesen im Vergleich zur bisherigen Judikatur „außergewöhnlich hohen“ Betrag. Die zusammen mit dem Traktorfahrer beklagte Versicherung wollte jedoch nur 110.000 Euro zahlen: Höhere Beträge seien bisher nur in Fällen von Querschnittslähmung, dauernder Pflegebedürftigkeit oder schweren psychischen Beeinträchtigungen zuerkannt worden.

Entgegen der Revision sah der OGH aber das Schmerzengeld richtig bemessen („keine eklatante Fehlbemessung“). Die Zuerkennung höherer Beträge im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen sei aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung und der Rechtsprechung, wonach Schmerzengeld tendenziell nicht zu knapp zu bemessen sei, vertretbar (2 Ob 83/14s). In diesem Fall berücksichtigt das Schmerzengeld nur die Situation bis zum erstinstanzlichen Urteil; es könnten also noch weitere Forderungen entstehen.

Der höchste bisher zuerkannte Betrag waren 218.018,50 Euro: für einen jungen Mann, der durch einen alkoholisierten Geisterfahrer  zum Querschnittgelähmten wurde; er kann für sein restliches Leben nur noch künstlich beatmet werden.   

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