Kein Zwang zur Therapie für Eltern

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Gericht trug Vater, Mutter und Kind gemeinsame Psychotherapie auf. Die Mutter wehrte sich, der OGH urteilte: Man könne niemanden zur Maßnahme zwingen.

Wien. Auch wenn die Familienverhältnisse nicht die besten sind, kann man die Betroffenen nicht zu einer Psychotherapie zwingen. Das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.

Im Mittelpunkt stand der Streit um Besuchsrechte für ein Kind. Der Sohn lebte seit der Trennung der Eltern bei seiner Mutter. Schon jahrlang hat das Kind keinen Kontakt zum Vater. Der Sohn will das auch nicht, das Kind zeigt laut seinem Psychotherapeuten Angstzustände, wenn es um den Vater geht. Ob die Mutter dem Sohn bewusst eingeredet hat, Furcht vor dem Vater haben zu müssen, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls, so das Gericht, habe die Mutter die Ängste des Sohnes vor dem Vater bestärkt. Denn sie habe ihre Ängste gegenüber dem Expartner auf den Sohn projiziert und ihm damit vermehrt ein negatives Bild vom Vater vermittelt.

Der Vater kämpft seit Jahren darum, das Kind einmal wieder sehen zu dürfen. Sein Antrag, ein Besuchsrecht mit Beugemitteln gegen die Mutter durchzusetzen, wurde aber abgelehnt. Das Bezirksgericht St. Pölten ordnete dafür eine Familientherapie für alle drei bei einer Expertin an. Die Mutter sollte, wenn sie nicht daran mitwirkt, mit 300 Euro Strafe belegt werden.

Eingriff in Persönlichkeitsrecht

Die Mutter wehrte sich dagegen, das Landesgericht St. Pölten gab ihr Recht. Eine Psychotherapie sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte dies.

Eltern könnten zwar zu Beratungen oder Schulung verpflichtet werden. Auch müssten sie bereit sein, Informationen über alternative Formen der Streitbeilegung zuzulassen. Aber zur Teilnahme an einer Psychotherapie dürfe man Mutter und Vater nicht zwingen. Dafür gebe es keine Gesetzesgrundlage, sagt der OGH (4 Ob 139/14s).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2014)

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