Straßburger Richter: Sechs Bewerber

(c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Gerichtshof für Menschenrechte. Drei Juristinnen und drei Juristen bewerben sich um die österreichische Stelle am EGMR. Ex-Vizekanzler Spindelegger ist nicht darunter.

Wien. Bis 15. Dezember soll eine Vorentscheidung über einen der höchsten Richterposten fallen, die Österreich zu vergeben hat: über eine Stelle am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR). Nach der öffentlichen Ausschreibung des Postens haben sich drei Juristinnen und drei Juristen beworben; der ehemalige ÖVP-Obmann, Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger, der in Kreisen seiner Partei als möglicher Menschenrechtsrichter gehandelt wurde, ist nicht darunter. Dafür aber Höchstrichter und andere Personen, die mehr mit juristischer Expertise als mit politischer Aktivität aufgefallen sind.

Derzeit ist die frühere Rechtsanwältin Elisabeth Steiner die Österreicherin unter den 46 Richtern am Straßburger Gerichtshof; ihre letzte Amtsperiode endet am 31.Oktober 2015. Steiner wurde (wiewohl als SP-nahe geltend) 2001 von der schwarz-blauen Regierung vorgeschlagen, nachdem die FPÖ es abgelehnt hatte, den damals aktiven Richter wiederzubestellen: Es war der frühere SPÖ-Politiker und Rechtsanwalt Willi Fuhrmann.

Traditionell haben SPÖ und ÖVP in den vielen Jahren, in denen sie gemeinsam regiert haben, Deals abgeschlossen, wer welchen Höchstrichter nominieren darf. Dem Vernehmen nach gab es auch für die Steiner-Nachbesetzung eine Absprache, doch sollen die Erinnerungen daran verblasst sein und divergieren. Das könnte eine gute Voraussetzung dafür bieten, die fachlich bestgeeigneten Personen vorzuschlagen.

Dreiervorschlag an Europarat

Österreich soll nämlich drei Bewerber nominieren – und zwar ohne Reihung –, aus denen die Parlamentarische Versammlung des Europarats dann nach Hearings den Besten wählt. Mit Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Professorin am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien und Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs, und Georg Kodek, Hofrat des Obersten Gerichtshofs und Professor an der WU Wien, haben sich zwei Höchstrichter um die Stelle beworben. Die weiteren Kandidaten, Katharina Pabel, Vorständin des Instituts für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre an der Universität Linz, und Hannes Tretter, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte, sind als Wissenschaftler speziell auf dem Gebiet der Menschenrechte ausgewiesene Experten. Rechtsanwalt Peter Lewisch schließlich ist im Straf- und im Verfassungsrecht habilitiert und Professor an der Uni Wien, während Eva Souhrada-Kirchmayer, Richterin am Bundesverwaltungsgericht, sich vor allem im Datenschutz verdient gemacht hat.

Vier Spitzenbeamte aus dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium werden jetzt nach Gesprächen mit den sechs Bewerbern einen Dreiervorschlag ausarbeiten. Dieser wird dann vom Ministerrat abgesegnet und bis Mitte Dezember dem Europarat übermittelt. Die Wahl in der Parlamentarischen Versammlung soll im Juni 2015 erfolgen. Wer von den drei Nominierten dabei wirklich zum Zug kommt, entzieht sich dem alleinigen Einfluss Österreichs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.