VwGH: Trotz Allergie tauglich für Heer

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Die Ableistung des Grundwehrdienstes erhöhe für einen Tiroler Zimmermann nicht die Gefahr, durch einen Wespenstich geschädigt zu werden, entschied der Verwaltungsgerichtshof.

Wien. Es gab Zeiten, da galt unter jungen Männern eine Wespengiftallergie als ein relativ sicherer Grund, der Wehrpflicht zu entgehen. Auch ein Tiroler Zimmermann konnte sich 2010 noch solche Hoffnungen machen. Damals wurde ihm vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigt, dass die Stellungskommission Tirol auf seine Allergie nicht ausreichend eingegangen war, als sie ihn für tauglich befunden hatte. Doch heute liegen die Dinge anders: In einer zweiten Entscheidung zum selben Fall billigt der VwGH den im Ergebnis gleichlautenden Bescheid der Stellungskommission. Eine genauere Prüfung hat mittlerweile nämlich ergeben, dass die Wespengiftallergie die Gefahr nicht erhöht, dass der Mann im Grundwehrdienst gewissermaßen außer Gefecht gesetzt wird.

So war es ihm im Jahr 2007 vorübergehend ergangen: Eine Wespe hatte ihn in die linke Hand gestochen, binnen einer Viertelstunde schwollen beide Unterarme und sein Hals an; es plagte ihn das Gefühl, einen Fremdkörper im Hals zu haben („Globusgefühl“). Kurzfristig beendete eine fachkundig durchgeführte Notfallversorgung die bedrohliche Situation (im Extremfall kann eine Wespengiftallergie tödlich sein); langfristig senkte eine Hyposensibilisierung die Reaktionsneigung im Blut des Patienten.

Dennoch blieb die Allergie latent vorhanden. Wie der Mann tatsächlich auf einen neuerlichen Wespenstich reagieren würde, war aber nicht bekannt, weil ihm ein solcher seither erspart blieb. Einen gezielten Stich unter kontrollierten Bedingungen, wie es in Ausnahmefällen an der Allergieabteilung der Hautklinik Innsbruck gemacht wird, brauchte er nicht über sich ergehen zu lassen.

Nichtssagende Begründung

Vor diesem Hintergrund hätte die Behörde genauer prüfen müssen, inwieweit der Stellungspflichtige in seiner Leistungsfähigkeit für das Bundesheer beeinträchtigt war. Stattdessen berief sie sich auf eine nicht näher erläuterte „Wertungsziffer“, die den Zustand des Mannes berücksichtigen würde. Und darauf, dass er im Herbst einrücken solle, sodass die Gefahr eines Wespenstichs ohnehin minimiert sei. Das war für den VwGH aber zu wenig, schon deshalb, weil die Leistungsfähigkeit im Wehrdienst das ganze Jahr über und bei jeder Witterung gegeben sein müsse. Also hob der Gerichtshof den ersten Bescheid auf (2011/11/0018).

Notfallset und schnelle Hilfe

Seither hat die Stellungskommission ihre Lektion gelernt: Sie befand den Mann wieder für tauglich, diesmal aber mit einer ausführlicheren Begründung. Einerseits habe der Mann sich der Hyposensibilisierung unterzogen und so das Risiko verringert; andererseits würde er beim Heer, wie jeder Allergiker, im Grundwehrdienst mit einem Notfallset ausgestattet. Sollte er tatsächlich von einer Wespe gestochen werden und sein Körper allergisch reagieren, könne er auf Hilfe durch seine Kameraden und geschultes Kaderpersonal zählen. Im Übrigen laufe der Mann im zivilen Leben als Zimmermann viel eher Gefahr, von einer Wespe gestochen zu werden.

Dem hatte der Mann nichts entgegenzusetzen, sagt nun der VwGH: Von der Beschwerde werde „nicht in Abrede gestellt, dass das Risiko, bei Ableistung des Grundwehrdienstes Opfer eines Wespenstichs zu werden, auch und gerade für den Beschwerdeführer geringer sei als im zivilen Leben“ (2013/11/ 0031). „Daraus folgt aber, dass die Ableistung des Grundwehrdienstes den Beschwerdeführer keiner größeren ,Gefahr‘ aussetzt, als sie auch sonst besteht.“

Die von der Behörde angeführten Möglichkeiten, im Fall des Falles Hilfe zu bekommen, seien auch keineswegs bloße Spekulation, wie der Beschwerdeführer meinte: Die Behörde verwies dabei nämlich auf die üblichen Abläufe bei Übungen im Gelände.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2015)

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