Video im Auto: Gericht verbietet neuartige Crash-Kamera

Eine Dashcam im Auto aufgenommen am Dienstag 12 08 14 in Dresden vor dem Zwinger mit dem Kronent
Eine Dashcam im Auto aufgenommen am Dienstag 12 08 14 in Dresden vor dem Zwinger mit dem Kronent(c) Imago (Robert Michael)
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Ein Wiener Unternehmer blitzt mit einem Antrag auf Bewilligung einer datenschutzfreundlichen Anlage zur Unfallaufklärung ab.

Wien. Die Nachfrage, ob denn etwas erlaubt ist oder nicht, ist immer riskant. Diese Erfahrung bewahrheitet sich auch für einen Wiener Unternehmer, der dachte, eine datenschutzkonforme Variante von Videoaufzeichnungen im Auto zur Aufklärung von Unfallhergängen entwickelt zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch diese Form einer „Dashcam“ (vom englischen Wort für Armaturenbrett) als eine verbotene Videoüberwachung eingestuft.

„BlackBoxer“ wird hinter der Front- und vor der Heckscheibe montiert und filmt während der Fahrt mit. Die Daten der jeweils vergangenen 60 Sekunden – neben Bildmaterial, das bewusst in niedriger Auflösung gehalten wird, auch der jeweilige GPS-Standort – werden ständig neu geschrieben und verbleiben im Normalfall verschlüsselt und für den Benutzer unlesbar in der Crash-Kamera. Erst wenn diese, etwa durch einen Unfall, stärker erschüttert wird oder der Benützer einen SOS-Knopf drückt, legt die Kamera die aufgezeichnete Minute davor und 30 Sekunden danach auf einer lesbaren Speicherkarte ab.

Überwachung ohne Überwacher

Unternehmer Andreas Pohlodek hatte sich für dieses System vom Datenschutz-Experten und Anwalt Rainer Knyrim beraten lassen. Er dachte, jene Einwände ausgeräumt zu haben, die 2012 die damals noch existente Datenschutzkommission veranlasst hatte, Dashcams zu verbieten. Gängige Modelle, die im Elektrohandel weggehen sollen wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln, zeichnen tagelang in höchster Videoqualität auf. Unter Verweis auf seinen technisch anders gearteten Ansatz wandte sich Pohlodek an die Datenschutzbehörde, um sich die Anlage in seinem Auto genehmigen zu lassen. Anwalt Knyrim argumentiert so: „Es besteht keine Möglichkeit, die im Gerät bereitgestellten Daten jemals auszulesen, wenn kein Crash passiert. Damit findet unserer Meinung nach juristisch gar keine Datenverarbeitung statt, weil sie nie ein Mensch bekommen kann.“

Öffentlicher Raum erfasst

Trotzdem hat die Datenschutzbehörde eine Bewilligung verweigert, und das Bundesverwaltungsgericht bestätigt diese Haltung. Das Gericht ortet zwar eine „wesentlich datenschutzfreundlichere Anwendung“ als bei herkömmlichen Dashcams; dennoch liege eine „systematische, fortlaufende Feststellung von Ereignissen durch technische Bildaufnahmegeräte“ vor, und zwar durch kontinuierliches Filmen, bei dem grundsätzlich der öffentliche Raum überwacht werde. Ob das Material auch von einem Betrachter ausgewertet werden könne oder nicht, sei irrelevant. Und Videoüberwachungen im öffentlichen Raum seien Sache der Sicherheitsbehörden, so das Verwaltungsgericht (W214 2011104-1/9E).

Der Senat ließ sich auch nicht von Urteilen zweier Zivilgerichte beeindrucken, die sich auf Bildmaterial aus – wie es scheint: illegalen – Aufzeichnungen von Autounfällen gestützt hatten. Daraus sei nicht zu schließen, dass das Mitfilmen erlaubt sei, sondern bloß: Es ist nicht verboten, die gewonnenen Beweise zu verwerten.

Wer eine Dashcam einsetzt, riskiert allerdings eine Geldstrafe bis 25.000 Euro und, bei Schädigungsabsicht, sogar Gefängnis. Andreas Pohlodek will auf Nummer sicher gehen und die neue Entscheidung beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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