Holzkiste voller Münzen ist keine Schatzkiste

(c) www.BilderBox.com
  • Drucken

Kärntner bekommt nach Einbruch doch noch Ersatz für seine Sammlung.

Wien. Seit Kindheitstagen erfreut sich ein Villacher des Münzsammelns. Doch als seine Sammlung im Wert zwischen 15.000 und 18.000 Euro aus der Wohnung verschwand, wollte die Versicherung nur 252 Euro zahlen. Zu unsicher seien die Münzen verwahrt worden, in einer Kiste in der Wohnung. Man könne daher nicht von einem (höher versicherten) Einbruchsdiebstahl, sondern nur von einem einfachen Diebstahl sprechen. Was folgte, war ein Prozess um die Frage, wie sicher eine Kiste ist. Und ein Urteil, das für Einbruchsopfer generell von Interesse sein dürfte.

Seit dem Jahr 2000 hatte der Kärntner sich dem Sammeln von Euromünzen verschrieben: Ein- oder Zwei-Euro-Stücke, aber auch Cent-Münzen wurden eingeworfen. Nachdem die erste Kiste voll war, eröffnete er eine zweite Holzkiste zum Sammeln. Das (im Inneren 35 mal 15,5 mal 27 Zentimeter große) Behältnis stand auf einer Kommode und war mit einem Vorhängeschloss an einer Schlossöse versperrt. Der Sammler verließ in der Früh die Wohnung. Am Nachmittag rief ihn seine Frau an, die gemerkt hatte, dass die Kiste leer war. Als die Polizei eintraf, stand die Kiste auf dem Boden, die Münzen waren weg. An der Wohnungstür konnte keine Beschädigung festgestellt werden. Sehr wohl aber Kratzer, die „offensichtlich von einem schlossfremden Werkzeug stammten“, wie es das Bezirksgericht Villach später nach Heranziehung eines Sachverständigen formulieren sollte.

Sammlung bis zu 100 kg schwer

Doch da wäre noch eine Sache. Zwei Monate vor dem Vorfall hatte der Mann festgestellt, dass seine Post überraschend auf dem Wohnzimmertisch lag, ein anderes Mal ein Bild im Vorraum auf dem Boden. Reinigungskraft und Lebensgefährtin verneinten, damit etwas zu tun zu haben. Das Wohnungsschloss tauschte man trotzdem nicht aus. Das sei auch nicht nötig gewesen, befand das Bezirksgericht. Es hielt die Angaben des Mannes, der seine Münzsammlung auch fotografisch dokumentiert hatte, für glaubwürdig. Auch, dass 15.000 bis 18.000 Euro in der Kiste gewesen seien (übrigens im Gewicht von ca 90 bis 100 kg). Hilfreich war bei der Schätzung des Werts ein Vergleich mit der früheren Sammlerkiste des Kärntners, die er einst zur Bank gebracht hatte. Der Höchstbetrag für die Versicherungssumme war ohnedies nur 8728 Euro (abzüglich eines Selbstbehaltes von 118 Euro).

Die Versicherung akzeptierte nun, dass es ein Einbruchsdiebstahl war. Aber sie bezweifelte, dass das Geld wie in den Versicherungsbedingungen vorgesehen in „versperrten oder unversperrten, jedoch geschlossenen Möbeln“ verwahrt wurde. Das zweitinstanzliche Landesgericht Klagenfurt bemühte nun Wikipedia und ein Wörterbuch. „Laut Duden ist das Möbel ein Einrichtungsgegenstand, mit dem ein Raum ausgestattet ist, damit er benutzt und bewohnt werden kann, der zum Sitzen, Liegen, Aufbewahrung von Kleidung, Wäsche und Hausrat dient“, zitierte das Gericht. Und in diesem Sinn müsse man diese Kiste als Kleinmöbel verstehen. Die Kiste in einen Schrank zu stellen, hätte keine größere Sicherheit geboten.

Keine Verzierung auf der Kiste

Die Versicherung ging noch vor den Obersten Gerichtshof (OGH) in Revision und erklärte, dass eine Sache höheren Werts nicht zu sehr ins Auge fallen dürfe. „Dass die Kiste als Schatztruhe anzusehen sei, ist eine – unzutreffende – bloß subjektive Einschätzung der Revision“, meinte der OGH aber dazu. Es handle sich hier um eine Holztruhe, „die gar keine besonderen Verzierungen hatte, die als Indiz für einen wertvollen Inhalt hätten aufgefasst werden können“.

Und selbst wenn man die Holztruhe nicht als Möbelstück qualifizierte, so sei sie jedenfalls als „geschlossener Geldschrank“ zu werten. Und auch in dem Fall greife der Versicherungsschutz. Zweck der Klausel im Vertrag sei es nämlich gewesen, zu verhindern, dass Diebe einfach „im Vorübergehen“ und ohne weitere Mühe die Wertsachen mitnehmen können. „Gerade das hat die geschlossene (und sogar versperrte) Holzkiste des Klägers, die im Übrigen auch zu groß war, um einfach eingesteckt zu werden, aber ohnehin verhindert“, betonten die Höchstrichter (7 Ob 185/14b).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.