Diskussion: Striktes Rauchverbot hielte

Rechtspanorama am Juridicum
Rechtspanorama am Juridicum(C) Fabry
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Rechtlich und auch für Gastronom Stallmajer wäre ein Rauchverbot kein Problem. Ainedter rügt Mieturteil.

Wien. Winter, zehn Grad im Nichtraucherraum: „Es steht ja nirgendwo im Gesetz, dass dort geheizt werden muss“, sagt der Wirt. „Der Nichtraucherraum? Der ist heute geschlossen“, erklärt ein anderer Gastronom. Und in einem weiteren Lokal fungiert der gesetzlich vorgeschriebene Nichtraucherraum gleichzeitig als der Abstellraum für die Fahrräder. Alles Erlebnisse, die beim letztwöchigen Rechtspanorama am Juridicum geschildert wurden und die aktuellen Schwierigkeiten für Nichtraucher aufzeigen.

Auf der anderen Seite sind auch die Raucher verärgert: Grund ist das Urteil eines Wiener Bezirksgerichts gegen einen rauchenden Mieter. Er wurde verpflichtet, die „von seiner Wohnung ausgehenden, den Kläger störenden Einwirkungen auf die Wohnung des Klägers durch Rauch, insbesondere Zigarrenrauch, zu unterlassen“. Sein Zigarrenrauch, der auch nachts wahrzunehmen war, hatte den Mieter über ihm gestört. Für Manfred Ainedter, Rechtsanwalt und Gründer der Plattform Rauchfrei(heit), ein bedenkliches Urteil.

Wenn dieses (nicht rechtskräftige) Urteil Schule macht, dann stehe eine Prozessflut vor der Tür, warnte Ainedter. „Der Nächste fühlt sich dann von Küchengerüchen oder dem Geruch von Duschgel gestört“, meinte Ainedter. Der Anwalt stößt sich auch daran, dass die Regierung nun alle Lokale rauchfrei machen will. „Dann darf man in der Wohnung nicht mehr rauchen und im Lokal auch nicht“, zürnte Ainedter. Aber die Tabaksteuer, die wolle der Staat weiter kassieren.

Anlass für das Umdenken der Regierung beim Nichtraucherschutz war der Tod des Aufdecker-Journalisten Kurt Kuch. Der langjährige Raucher war im Jänner 42-jährig an Lungenkrebs gestorben und hatte sich zuletzt stark für den Nichtraucherschutz engagiert. „Er wäre noch hier, wenn er nicht geraucht hätte“, sagte Daniela Jahn-Kuch, die Schwester des Verstorbenen, die in Graz als Internistin und Palliativmedizinerin arbeitet. Ein Rauchverbot in der Gastronomie würde viel bringen, sagte sie. Es verhindere, dass man zu rauchen beginne. „Denn junge Leute werden nicht zu Hause im Kinderzimmer rauchen, sondern in Gaststätten.“ Und auch Passivrauchen sei – vor allem in geschlossenen Räumen – gefährlich: „600.000 Menschen sterben jährlich allein am Passivrauchen.“ Weltweit.

Die Zahlen für Österreich seien erst recht verheerend, erklärte die Ärztin: 33 Prozent der Bevölkerung würden rauchen und auch bereits 27Prozent der unter 15-Jährigen (obwohl man Tabak erst ab 16 erwerben darf). In den USA mit klaren Rauchverboten würden nur sieben Prozent der Gesamtbevölkerung Nikotin konsumieren. Jahn-Kuch, einst Raucherin, gehört nun der Initiative Don't smoke an. Diese wurde vom Grazer Onkologen Hellmut Samonigg gegründet und auch von Kurt Kuch unterstützt.

„Wenn die Politik sich zu einem generellen Rauchverbot entschließt, wird die Gastronomie nicht darunter leiden“, erklärte der Wiener Gastronom Manfred Stallmajer. Ein Problem sei es nur, wenn man ein Nichtraucherlokal habe, und andere das Rauchen anbieten. Das von Stallmajer geführte Lokal, das Wiener Café Drechsler, richtete nach Umsatzeinbußen wieder einen Raucherraum ein. Wenn man aber sehe, wie der eingebaute Filter im Raucherraum beim Wechseln aussieht, könne man schon daraus erahnen, wie schädlich Rauchen ist, berichtete Stallmajer.

Touristen wundern sich

Er führt zudem ein Hotel hinter der Oper. Seine dortigen internationalen Gäste würden sich immer wieder wundern, wie rückständig Österreich beim Nichtraucherschutz sei, so Stallmajer. Ainedter widersprach und wartete mit seiner eigenen These auf: „Die Touristen kommen so gern nach Wien, weil man hier noch rauchen kann.“

Rechtlich würde ein genereller Nichtraucherschutz in Lokalen halten, betonte Daniel Ennöckl, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Uni Wien. „Je strikter der Gesetzgeber sich für eine Lösung entscheidet, desto sicherer hält sie“, sagte Ennöckl. Nur bei Ausnahmen könne es Probleme geben, wenn sie sachlich nicht begründet sind. Es gehe bei Rauchverboten auch nicht darum, jemandem etwas grundsätzlich zu verbieten. Sondern um eine Abwägung der Interessen unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes.

Constanze Fischer-Czermak, Vorständin des Instituts für Zivilrecht der Universität Wien, schlug in die gleiche Kerbe: „Man kann privatrechtlich nicht jemandem verbieten, sich selbst zu schädigen. Aber es geht hier um eine Frage der gegenseitigen Rücksichtsnahme.“ Im Wohnungsurteil sei auch nicht verboten worden, in der Wohnung zu rauchen, sondern nur den Rauch in störender Weise hinauszulassen.

Ainedter zeigte sich am Ende der Debatte wegen des regen Widerspruchs verärgert. „Das ist sinnlos. Ich nehme an solchen Diskussionen nicht mehr teil“, erklärte er. „Wenn das Rauchen so gefährlich ist, dann muss man den Tabak verbieten.“ „Na, wenn Sie das wollen, dann bin ich bei Ihnen“, meinte Jahn-Kuch. „Gut“, erwiderte Ainedter. Nachsatz: „Dann werde ich eben selber wuzeln.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2015)

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