Strafverteidiger drängen in die "erste Reihe"

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Ausgleich für Übermacht der Strafverfolger im Ermitt-lungsverfahren gefordert.

Wien/Linz. Mit einer einfachen, ihrer Meinung nach aber sehr wirksamen Maßnahme wollen die Strafverteidiger die Weichen in Strafverfahren neu stellen. In der Hauptverhandlung soll der Angeklagte in einer anderen Abfolge als bisher befragt werden: „Wir wollen die Angeklagten als Erste befragen“, sagt Richard Soyer, Sprecher der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen, zum Abschluss von deren Jahrestagung in Linz.

Derzeit wird der Angeklagte zuerst vom Richter anhand des von Staatsanwaltschaft und Polizei gesammelten Materials befragt, dann von Beisitzer, Staatsanwalt, Opfer-, Privatbeteiligtenvertreter. Erst als Letzter kommt der Verteidiger dran, „wenn niemand mehr zuhört“, so Soyer zur „Presse“. Dabei läge es am Beschuldigten und am Verteidiger, den Vorarbeiten der Strafverfolgung etwas entgegenzusetzen: Sie müssten „in die erste Reihe“ gestellt werden, um nicht dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens unter Herrschaft von Staatsanwaltschaft und Polizei ausgeliefert zu sein. Die Strafprozessordnung so zu ändern wäre ganz einfach und würde in der Realität viel zur Fehlervermeidung bringen, meint Soyer.

Vernehmungen auf Video

Genau darauf zielen die Verteidiger auch mit einer zweiten Forderung ab: Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten im Ermittlungsverfahren sollen per Video aufgezeichnet werden, wenn kein Verteidiger dabei ist. „Dann sieht man, wie Aussagen zustande kommen.“ Möglichst nicht mehr so, wie ein Verteidiger in Linz schilderte: Von ein und derselben polizeilichen Vernehmung gab es zwei formvollendete Protokolle – mit divergierenden zentralen Aussagen, die in zwei verschiedene Verfahren Eingang fanden. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2015)

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