Gleichstellung: „Der Equal Pay Day ist Käse“

Nicht die Personalchefs seien schuld, dass Frauen für dasselbe Geld drei Monate länger arbeiten müssen als Männer, sagt Gehaltsexperte Conrad Pramböck. Sondern die Gesellschaft.

Die Presse: Der Rechnungshof sagt, dass Österreichs Frauen um 23,85 Prozent weniger verdienen als Männer. Umgerechnet sind das 62 Arbeitstage, die Frauen länger arbeiten müssen, um auf dasselbe Gehalt zu kommen. Deshalb fällt der Equal Pay Day heuer auf den 31. März.

Conrad Pramböck: Der Equal Pay Day ist Käse. Er geht davon aus, dass Frauen im selben Job weniger verdienen als Männer. Das ist aber unrichtig.

Was ist dann richtig?

Nach meinen Studien verdienen Frauen und Männer im gleichen Job im Schnitt gleich viel. Aber Frauen und Männer machen nicht die gleichen Jobs.

Sondern?

Es gibt eine Studie der WU Wien. Sie hat aus ihren Absolventen Paare gebildet und deren Entwicklung verglichen. Tatsächlich haben die Damen von Anfang an weniger verdient als die Herren. Das liegt aber nicht an systematischer Diskriminierung der Arbeitgeber, sondern weil sich Frauen eher für Berufsfelder entscheiden, die schlechter bezahlt sind: Personal etwa oder Marketing. Männer gehen eher in hochbezahlte Berufe, wie Controlling oder Investmentbanking.

Dann sind die Frauen selbst schuld, weil sie diese Berufe ergreifen?

Ja. Soziale Berufe, Pflege, Einzelhandel – typisch weiblich und typisch schlecht bezahlt. Mit der Berufswahl entscheiden Sie sich für die künftige Gehaltsbandbreite. Im Beruf selbst ist es dann egal, ob Sie Mann oder Frau sind. Viele Firmen bieten beim Einstieg überhaupt keinen Verhandlungsspielraum. Beim Karrierestart gibt es ein fixes Gehalt. Für Männer und für Frauen.

Es heißt oft, Frauen verkaufen sich schlechter als Männer. Diese würden besser verhandeln.

Ich halte das für einen Glaubenssatz. Ich kenne Frauen, die extrem gut verhandeln. Und ich kenne Männer, die bei der Tür hereingekrochen kommen. Mir platzt der Kragen, wenn Coaches daraus ein Geschäftsmodell machen – „Wir Frauen verkaufen uns ja so schlecht. Wir bringen dir bei, dich gut zu präsentieren.“ Solche Vorurteile prägen das negative Selbstbild der Frauen. Da können die Personalchefs gar nichts dafür.

Machen die Personalchefs aus Kindern ein Karrierehindernis? Oder die Frauen selbst?

Bei einem Paar aus meinem Bekanntenkreis sind gerade beide auf Jobsuche. Sie wurde gefragt, ob sie denn auch eine verlässliche Betreuung für ihren zweijährigen Sohn hat – Nanny, Oma, Kindergarten. Ihm wurde einfach nur zum Sohn gratuliert. Es ist das alte Bild, dass sich die Mütter um die Kinder kümmern müssen. Der Mann hat ohnehin die Frau zu Hause . . .

. . . und der Frau fehlen diese Jahre in der Karriere- und der Gehaltsentwicklung.

Nicht die Kinder sind das Karrierehindernis, sondern dass so viele Mütter Teilzeit arbeiten wollen. Hier gibt es tatsächlich hohe Gehaltsunterschiede, selbst bei Akademikerinnen. Heute treffen viele mit Anfang 30 die Entscheidung für ihr erstes Kind. Der Mann macht weiter Karriere, sie bleibt zu Hause. Oder arbeitet Teilzeit. Wenn sie dann wieder voll einsteigt, ist sie 40. Dann sagt der Arbeitgeber: „Wir haben Leute, die zehn Jahre jünger sind und geringere Ansprüche stellen – wir nehmen die.“

Dann sind Babypause und Teilzeit also doch Karrierebremsen.

Stimmt. Daran ist die Gesellschaft schuld, die die Frauen in die Rolle der Rabenmutter oder der Hausfrau drängt. Aber noch einmal: Nicht der Personalchef ist der Böse, sondern der Umstand, dass sich Frauen zwischen Kindern und Karriere entscheiden müssen.

AUF EINEN BLICK

Der Equal Pay Day zeigt, wie viele Tage Frauen zusätzlich arbeiten müssen, um jenen Betrag zu verdienen, den Männer bereits am Ende des Vorjahrs kassiert haben. Da Frauen in Österreich laut Rechnungshof um 23,85 Prozent weniger verdienen, müssen sie 23,85 Prozent oder 62 Tage länger arbeiten. Daher fällt der Equal Pay Day heuer auf den 31. März.

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