Gebucht, eingecheckt - und plötzlich war der Flug gestrichen

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Passagierrechte. 250 Euro Entschädigung nach Annullierung und dreistündiger Verspätung.

Aachen. Die EU hat sich wiederholt um eine Stärkung der Rechte von Flugpassagieren bemüht und die Verordnung EG 261/2004 erlassen, die den Betroffenen klar umschriebene Entschädigungszahlungen einräumt, über die die Fluglinie die Passagiere von sich aus zu informieren hat. Auf dem Boden der Realität ist es mit den Rechten aber oft nicht sehr weit her. Dazu ein persönlicher Erfahrungsbericht:

Der AUA-Flug OS 195 von Wien nach Köln sollte am Sonntag, dem 10. Mai 2015, um 17.35 Uhr abfliegen. Nach rechtzeitigem Einchecken und Benennung des Gates F26 im Boarding Pass begab ich mich unverzüglich zur Personenkontrolle. Nach dem Passieren derer traute ich meinen Augen nicht: Auf der Informationstafel war eben der Flug als gestrichen angegeben. Und das innerhalb von 20 Minuten! Ich begab mich unverzüglich zum Umbuchungsschalter. Dort buchte man mich auf den Flug um 20:40 Uhr mit Germanwings um.

Auf meine Frage, ob ich auch früher nach Düsseldorf fliegen könne, verneinte man sogleich. Immerhin hätte es zwei frühere Flüge gegeben; waren wirklich beide ausgebucht? Man gab mir mit dem neuen Boarding Pass einen Voucher als Abgeltung für die verlorenen drei Stunden. Auf meinen Hinweis, dass ich als Passagier darüber aufzuklären wäre, welche Rechte ich hätte, verwies man mich auf einen am Schalter liegenden Flyer. Der war freilich in Englisch abgefasst.

Auf dem Flughafen Wien ist die Amtssprache aber Deutsch. Erst nach einigen Minuten fand der Angestellte auch die deutsche Version. Auf meine Frage nach der Ursache der Streichung des Fluges wurde mir zunächst jede Auskunft verweigert. Knapp vor dem Abflug, der sich verzögerte, weil man zunächst keinen Busfahrer für die Fahrt zum Flugzeug hatte, teilte man mir mit, ein Crewmitglied sei plötzlich ausgefallen. Hätte nicht jeder Verkehrsbetrieb einer mittelgroßen Stadt eine Personalreserve bereitgehalten?

Schlussendlich ergibt sich aus dem Flyer, dass in concreto ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 250Euro besteht. Wo man den geltend machen kann, entnimmt man dem Flyer nicht. Zusätzlich wird erwähnt, dass Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit angeboten werden. Sind sechs Euro für drei Stunden angemessen? Dafür bekommt man auf dem Flughafen nicht einmal ein Paar Würstel. Die Mehrkosten in Schwechat gegenüber der Abendmahlzeit zu Hause betragen wohl deutlich mehr. Ansage und Wirklichkeit klaffen auseinander.

Wo bleibt die Personalreserve?

Würden bei den angenommenen 100 Passagieren des gestrichenen Flugs an jeden die geschuldeten 250Euro ausbezahlt, ergäbe das 25.000 Euro. Es dürfte noch mehr kosten, weil nicht alle am gleichen Abend umgebucht werden konnten, sodass auch Hotelkosten anfielen. Dafür könnte man mehr als eine Person als Reserve finanzieren – und man würde Kunden nicht verärgern. Aber die AUA spart, weil sie den Passagieren die gebotene Information vorenthält – und die meisten nicht Bescheid wissen.

Diese Zeilen mögen dazu beitragen, dass künftig von der Fluglinie entsprechend den Vorgaben der Verordnung aufgeklärt wird und geschuldete Ausgleichszahlungen geleistet werden, wodurch ein Anreiz geschaffen wird, solche Kalamitäten gar nicht erst entstehen zu lassen. Wer sich so benimmt wie die AUA, mag kurzfristig Kosten sparen, langfristig aber wird er Kunden verprellen. Erwähnt sei, dass mir das nicht zum ersten Mal passiert ist. Zuletzt wurden die begehrten 250Euro anstandslos bezahlt, weil die AUA (rechtswidrig) überbucht hatte und dann – welche Überraschung! – (fast) alle Passagiere auch wirklich mit dem gebuchten Flug reisen wollten. Als Auslandsösterreicher wünscht man sich, dass man über die Heimat nur Gutes berichten kann. Möge dieser fromme Wunsch künftig in Erfüllung gehen!


Univ.-Prof. Dr. Christian Huber lehrt Zivilrecht an der RWTH Aachen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2015)

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