Verliebter Frau Wagen entlockt: 16-Jähriger haftet

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Jointkonsument log, als er Auto auslieh: keine Pflichten für Versicherung.

Wien. Schwarzfahrer gibt es nicht nur in öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch ein Autolenker kann ein sogenannter Schwarzfahrer sein, wie eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zeigt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wer nach einem Autounfall haftet. Einem Unglück, das passierte, weil ein Jugendlicher mit falschen Behauptungen einer Frau das Auto entlockt hatte.

Dabei hatte der zum Unglückszeitpunkt 16-jährige Lenker keinen Führerschein. Die Nacht hatte der junge Mann in einer steirischen Flüchtlingsunterkunft bei Bekannten verbracht. Schon dort rauchte er in einer Runde mit mehreren Leuten Joints. In der Früh rief der junge Mann eine 18-jährige Frau an. Der Teenager erzählte, er benötige ihr Auto, weil er zum Anwalt und zu einer Gerichtsverhandlung nach Hartberg müsse. Die Frau überließ ihm den Wagen. Sie war in den jungen Mann verliebt und glaubte, er sei schon 19.

Doch die Geschichte mit dem Prozess stimmte nicht. In Wahrheit fuhr der Teenager zuerst zu seiner nächtlichen Freundesrunde zurück, wo beraten wurde, was man mit dem Gefährt nun anstellen solle. Schließlich ging es tatsächlich nach Hartberg, aber zum Fußballplatz. Dort rauchte der Teenager einen Jamaika-Gold-Joint. Bei der Weiterfahrt passierte dann der Unfall. Ein Mitfahrer aus der Runde – er sollte später klagen – wurde verletzt. Der Teenager am Steuer beging Fahrerflucht und wurde strafrechtlich verurteilt (u.a. wegen fahrlässiger Körperverletzung und Imstichlassens eines Verletzten).

Der verletzte Mitfahrer klagte auch zivilrechtlich. 75 Prozent des Schadens solle man ihm ersetzen. 25 Prozent Mitverschulden lasse er sich, weil er unangeschnallt war, anrechnen. Der geklagte Fahrer bestritt, ein Schwarzfahrer gewesen zu sein. Es sei der Frau, deren Wagen er ausgeliehen habe, doch egal gewesen, wohin er fahre. Und dass er durch einen Joint beeinträchtigt war, habe der verletzte Mitfahrer wissen müssen.

Das Bezirksgericht Fürstenfeld erklärte, dass der Teenager hafte. Die als Autohalterin geklagte Mutter der 18-Jährigen aber nicht (wobei sich im Verfahren auch noch herausstellte, dass in Wahrheit die Tochter die Halterin des Autos war). Aber auch das Unternehmen, bei dem das Auto haftpflichtversichert war, müsse nichts zahlen. Der Verletzte sei nicht mit Willen der Autohalterin befördert worden, zumal die Fahrt ganz anders verlief als der 16-Jährige versprochen hatte.

Mitfahrer nicht genehmigt

Das Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen wollte die Versicherung doch haften lassen. Auch bei einer Schwarzfahrt verbleibe die Gefährdungshaftung (unabhängig von der Verschuldensfrage) beim Halter, daher müsse auch die Versicherung zahlen.

Der OGH (2 Ob 59/15p) aber betonte, dass die Gefährdungshaftung Grenzen habe. Nämlich dann, wenn wie hier jemand ohne Willen des Autohalters mitbefördert wurde. Bei einer Schwarzfahrt werde jeglicher Autoinsasse ohne Willen des Halters befördert. Autohalterin und Versicherung komme dieser Haftungsausschluss zu Gute. Damit haftet nur der Schwarzfahrer selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.