Schwarzarbeit: "Ohne Steuerehrlichkeit geht System zugrunde"

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AK-Jurist Trenner hofft auf Anti-Sozialbetrugs-Gesetz. Erfolge im Rechtsschutz sieht er belegt.

Wien. Hans Trenner rechnet mit Mehrarbeit, nimmt sie aber in Kauf. Trenner leitet den Bereich Beratung und Rechtsschutz der Arbeiterkammer Wien und begrüßt das geplante Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz. „Ich bin froh, dass der Gesetzgeber sich erstmals dem Thema aus Sicht der Arbeitnehmer widmet“, so Trenner zur „Presse“. Das geplante Mittel gegen Schwarzarbeit werde bewirken, dass der AK-Rechtsschutz mehr Verfahren führen müsse. „Das wird anstrengend, aber wir werden es schaffen.“

Unternehmen, die Scheinfirmen einsetzen, sollen mit dem Gesetz haftbar gemacht werden. Und zwar, damit die dort tätigen Arbeitnehmer auch dann ihren Lohn bekommen, wenn die Scheinfirma von der Bildfläche verschwindet. Weil die Arbeitnehmer am prekärsten unteren Ende der Kette üblicherweise gleich bei mehreren Scheinfirmen zugleich arbeiten, werde man statt eines Schuldners gleich mehrere suchen und belangen müssen. „Aus einem Rechtsfall werden fünf, weil Herr XY auf fünf Baustellen gearbeitet hat.“ Es werde nicht einfach sein, die Auftraggeber der Scheinunternehmen – Trenner nennt diese rundweg Verbrecher – zu identifizieren. „Wir werden auch danebengreifen, aber schon die Befürchtung, dass man als Auftraggeber zahlen muss, wird abschreckend wirken“, sagt Trenner.

Die Scheinfirmen arbeiten zu Kampfpreisen, die nur möglich sind, weil sie zu wenig Lohn, keine Sozialversicherung und keine Steuer zahlen. Im Interesse der Allgemeinheit müsse dieser Sozialbetrug bekämpft werden, und zwar nicht nur in der Baubranche, sondern auch in einer zweiten Problembranche auf Trenners Radar: „Im Gastgewerbe ist es eindeutig so, dass Abgabenregelungen wie Benimmregeln behandelt werden: Man hält sich daran, wenn man es gut findet.“ Aus Trenners Sicht unerträglich: „Es muss mehr Steuerehrlichkeit geben, sonst geht das System zugrunde.“

Arbeitgeber klagen seltener

Welchen Beitrag die AK beim Rechtsschutz für ihre Mitglieder leistet, wurde anhand von Akten am Arbeits- und Sozialgericht Wien untersucht. An zwei von drei der rund 5000 Verfahren dort wirkt die AK mit. Vom Jahr 1991 – gleich nach Einführung des AK-Rechtsschutzes – bis 2000 stieg die Zahl der Arbeitnehmerklagen um 67Prozent, während jene der Arbeitgeberklagen um 60Prozent sank (s. Grafik). Trenner sieht damit belegt, „dass offenbar eine hohe Präventionswirkung davon ausgeht, wenn man weiß, die AK tritt auf der Gegenseite auf“. Ist die Rechtsposition eines Arbeitnehmers plausibel, übernimmt die AK das Risiko des Prozessierens. Interessant ist: Bei den Arbeitnehmerklagen hat sich das anfangs ausgewogene Verhältnis Angestellte/Arbeiter stark zugunsten der Arbeiter verschoben. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2015)

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