Ärztekammer nimmt Arbeitszeit-Angebot mit Vorbehalt an

Kein Streik: Die Wiener Ärzte nahmen das nachgebesserte Arbeitszeit-Paket an.
Kein Streik: Die Wiener Ärzte nahmen das nachgebesserte Arbeitszeit-Paket an.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Überstunden an Sonn- und Feiertagen sollen auch künftig doppelt zählen. Geshundeitsstadträtin Wehsely ist "verwundert".

Ein langer Streit neigt sich dem Ende zu. Die Wiener Ärztekammer nahm das mit der Stadt Wien ausverhandelte Paket zur Umsetzung der neuen Arbeitszeitrichtlinien im Wiene Krankenanstaltenverbund (KAV) an. Die Kurie der angestellten Ärzte der Wiener Ärztekammer hat am Mittwochabend das aktuellste Paket für die Spitalsärzte im Wiener KAV angenommen. Allerdings mit zwei Vorbehalten: Überstunden an Sonn- und Feiertagen sollen auch künftig doppelt zählen - und liegt die Inflationsanpassung, auf die die Ärzte 2016 und 2017 verzichten, über 2,5 Prozent, muss die Differenz weitergegeben werden.

Das Paket sei "mit großer Mehrheit" angenommen worden, da die wichtigsten Forderungen erfüllt worden seien, teilte die Kammer per Aussendung mit. Jedoch nur unter dem Vorbehalt, dass die Gemeinde Wien "ihre eigene Dienstordnung auch einhält", wie es in der Aussendung heißt. Das bezieht sich auf jenen Punkt der Vereinbarung, der besagt, dass Überstunden in der Normalarbeitszeit, also untertags, an Sonn- und Feiertagen nur noch im Verhältnis 1:1,5 statt wie bisher im Verhältnis 1:2 abgegolten werden sollen.

Inflationsabgeltung bei mehr als 2,5 Prozent

Ein zweiter Änderungswunsch der Kammer bezieht sich auf den Lohnrundenverzicht: "Im Falle einer höheren Inflationsgrenze als 2,5 Prozent muss es eine Inflationsabgeltung entsprechend der Differenz geben", lautet die Forderung.

Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) zeigte sich über die Entscheidung und "Diktion" der Ärztekammer am Mittwoch "verwundert" über die Diktion der Ärztekammer, denn bei dem Paket handle es sich um kein Angebot der Stadt Wien. Das Paket wurde im Auftrag der Ärztekammer vom Kammeramtsdirektor ausverhandelt. "Der übermittelte Beschluss entspricht nicht mehr dem ursprünglich selber ausverhandelten Paket sondern wurde modifiziert."

Zuvor war die Stadt den Ärzten ein Stück weit entgegengekommen. In einer "Unterhändlerrunde" wurden am Dienstagabend unter anderem höhere Nachtdienstzulagen und Zuschläge für Mediziner in der Psychiatrie sowie der Zentralen Notaufnahme vereinbart.

Wehsely berichtete bereits von Einigung

Am Vormittag hatte Wehsely im Gemeinderat mit der Verkündung der Einigung bereits für ein bisschen Verwirrung gesorgt, die Ärztekammer hatte erklärt, nichts davon zu wissen. Ausgangspunkt der neuerlichen Gespräche war ein Mail dreier Fraktionsführer der Ärztekammer - darunter Jörg Hofmann von der ÖVP-nahen Fraktion "Vereinigung Österreichischer Ärzte" -, in dem sie den bisherigen Kurs der Kammer verurteilen und um weitere Gespräche bitten.

Ergebnis dieser Gespräche auf Unterhändlerebene, an denen u.a. auch der Kammeramtsdirektor der Wiener Ärztekammer, Thomas Holzgruber teilgenommen hat, sehen folgendermaßen aus: Beim großen Streitpunkt der Sonn- und Feiertagsdienste gibt es ein laut Wehsely "teilweises Entgegenkommen der Stadt, um Fehlallokationen zu vermeiden". Konkret bedeutet das: Ab 1. Jänner 2016 bekommen die KAV-Ärzte zusätzlich zur bestehenden Zulage für jede erbrachte Normalarbeitsstunde an diesen Tagen eine Zulage von 7,25 Euro.

Bei den Nachtdiensten hat man sich auf eine Erhöhung der Zulage ab 1. Jänner 2016 von 75 auf 105 Euro sowie ab 1. Juli 2016 auf 135 Euro pro Dienst geeinigt. Zusätzlich sollen zwei Maßnahmen vorgezogen werden: Einerseits wird ab 1. Jänner 2016 eine Psychiatrie-Zulage in Höhe von 500 Euro, 14 mal jährlich, in Kraft treten. Zum anderen bekommen jene Ärzte, die künftig in der Zentralen Notaufnahme arbeiten werden, ab 1. Jänner 2016 fünf Euro pro Stunde mehr.

Im Streitpunkt Primarärztegehälter hat man sich darauf geeinigt, dass bis Ende 2015 ein neues Gehaltsschema erarbeitet wird. Neu ist, dass darin auch eine rückwirkende Erhöhung mit 1. Juli 2015 in der Höhe von 1.200 Euro pro Monat enthalten sein wird. Ab 1. Jänner 2017 gibt es außerdem 1.000 Euro jährlich für die externe Fortbildung der KAV-Mediziner.

"Stillhalten zu Gehaltsfragen bis 2017"

Im Gegenzug verpflichten sich die Ärzte laut dem Papier zum "Stillhalten zu Gehaltsfragen bis 2017", dem "Verzicht auf weitere Urabstimmungen zum vorliegenden Verhandlungspaket" sowie zur "Einstellung sämtlicher Kampagnen zu einzelnen Punkten der Vereinbarung". Das Paket könne nur in seiner Gesamtheit angenommen werden, hatte Wehsely vor der Abstimmung der Kurie betont.

Grundsätzlich sei es "zentrales Interesse aller Ärztinnen und Ärzte, dass Ärztekammer und KAV gemeinsam an der Umsetzung des neuen Dienstzeitmodells sowie sämtlicher vereinbarter Rahmenbedingungen arbeiten", heißt es gleich zu Beginn des Papiers. Sei bisher die Konfrontation im Vordergrund der Kurienbeschlüsse gestanden, sei es nun gelungen, ein Paket zu vereinbaren, das die Arbeitsbedingungen der KAV-Ärzte auf Grundlage der bereits bestehenden Einigung "nachhaltig weiter verbessert".

(APA)

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