Lenker muss schauen, ob da jemand liegt

(c) FABRY Clemens
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Schadenersatz. Betrunkener lag nach Dorffest auf der Straße. OGH mahnt höhere Vorsicht von Fahrern ein.

Wien. Autolenker müssen, wenn ihre Sicht durch die Sitzposition eingeschränkt ist, besser aufpassen. Das betont der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Fall tragisch verketteter Umstände.

Nach einem Dorffest war ein Mann in der Früh auf der Fahrbahn einer Kreuzung zu Sturz gekommen. „Aus nicht klärbarem Grund“, wie die Gerichte später konstatierten. Festgestellt wurde aber, dass der Mann stark alkoholisiert war und nach dem Sturz regungslos liegen blieb. Eine Autofahrerin, die gegen fünf Uhr in der Früh in die Kreuzung einbog, überrollte ihn. Er wurde schwerst verletzt und klagte die Lenkerin und deren Versicherung auf Schadenersatz.

Die Frau hatte den Mann nicht gesehen, weil der Bereich bis zu einer Entfernung von 20 Metern nicht einsehbar war. Die A-Säule und der linke Außenspiegel hatten die Sicht auf den Mann verstellt. Sie hätte den Mann aber sehen können, wenn sie etwa den Kopf gedreht und durch die linke Seitenscheibe am Außenspiegel vorbeigeblickt hätte.

Das Bezirksgericht Zwettl erklärte, die Frau sei schuld, weil sie die Fahrbahnoberfläche nicht „gehörig“ beobachtet habe. Das Landesgericht Krems sah keine Verschuldenshaftung. Es greife gegenüber Autohalterin und Versicherung nur die Gefährdungshaftung. Diese gilt wegen der grundsätzlichen Gefährdung, die Kfz auslösen, aber mit gesetzlichen Höchstbeträgen für die Haftung.

Ungeklärtes trifft Unfallopfer

Der OGH (2 Ob 177/14i) sah wieder ein Verschulden der Frau: Sie hätte den Sichteinschränkungen, die sich durch ihr Auto ergaben, besser Rechnung tragen müssen. Gleichzeitig räumten die Höchstrichter im Gegensatz zu den Vorinstanzen dem Mann ein Mitverschulden ein (ein Drittel). Wenn die Gründe für einen Sturz ungeklärt bleiben, falle dies dem Geschädigten zu Last.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2015)

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