Verklagt, ohne es zu wissen: Proteste gegen Neuerung

blauer Brief Photo: Clemens Fabry
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Die Opposition wettert gegen den Plan von Justizministerin Bandion-Ortner. Selbst Regierungspartner SPÖ ist „nicht glücklich“. Hintergrund: Künftig sollen Klagen nicht mehr persönlich zugestellt werden müssen.

Wien. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim macht aus seiner Meinung keinen Hehl: „Ich bin absolut nicht glücklich“, betont er im Gespräch mit der „Presse“. Aus rechtsstaatlicher Sicht sei das eine Verschlechterung, sagt Jarolim über den Plan von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Darüber werde man noch vor Beschlussfassung im Parlament diskutieren, wenngleich die SPÖ dem Justizministerium „nicht in den Rücken springen will“.

Das Budget-Begleitgesetz sieht vor, dass die ein Verfahren einleitenden Schriftsätze nicht mehr an den Beklagten selbst zugestellt werden müssen. Statt des blauen Briefs (RsA) werden nur mehr gewöhnliche Rückscheinbriefe (RsB) verwendet. Die Post kann sie daher jedem überbringen, der in der Wohnung des Adressaten gemeldet ist oder für den Beklagten arbeitet (also etwa eine Putzfrau). Wird es an den Beklagten nicht weitergegeben, hat das Folgen: Denn bis zu einem Streitwert von 75.000?Euro werden Zahlungsbefehle erlassen. Diese werden automatisch rechtskräftig und exekutierbar, wenn man nicht innerhalb von vier Wochen auf das gerichtliche Schreiben reagiert.

Während Jarolim aber aufgrund der Budgetsituation noch Verständnis für die Sparpläne des Ministeriums zeigt, sind FPÖ und Grüne empört. Diese Art der Zustellung sei „massiv abzulehnen“, sagt FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer. „Wir halten davon gar nichts“, meint auch der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Naturgemäß verteidigt das Ministerium den Plan: Man könne pro Jahr 5,5?Millionen Euro sparen, indem man die Briefe nicht mehr persönlich zustellt. Aber auch BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler findet die Vereinfachung bei der Zustellung „sehr vernünftig“. Wenn die Klage nicht an den Adressaten gelangt sei, könne dieser ja eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und so die Zahlung noch abwenden.

Neue Gebühr: „Raubzug“ gegen Kinder

Scharfe Proteste am Budget-Begleitgesetz kamen am Dienstag aber auch vom Verein „Dialog für Kinder“. Er kritisiert, dass eine hohe Pauschalgebühr für Besuchsrechtsverfahren eingeführt werden soll. Dies sei ein „unverschämter Raubzug des Staates“ auf Kosten der Kinder.

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