Parlament: Keine Strafen für Störer

(c) Robert Jaeger
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Geldbußen nach Besucherprotesten sind unzulässig, urteilt der VfGH.

Wien. Während SPÖ-Urgestein Otto Pendl eine Rede hielt, kamen von der Besuchergalerie des Nationalrats unfeine Töne. „Frechheit und Sauerei, Österreich ist ein korruptes Land!“, rief ein Mann auf der Besuchergalerie. Und warf Flugblätter in den Plenarsaal herab.

Dieser Vorfall ereignete sich im Oktober 2012. Die inzwischen verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer unterbrach damals die Sitzung für kurze Zeit. Der Störenfried verließ nach einer Aufforderung die Besuchergalerie.

Für die Aktion bekam der Mann von der Landespolizeidirektion Wien eine Strafe von 100 Euro aufgebrummt. Er habe die öffentliche Ordnung gestört. Der Mann schlug den Rechtsweg ein. Zunächst vergebens. Das Verwaltungsgericht Wien bestätigte die Sanktion. „Eine Störung, die sogar zu einer Unterbrechung der parlamentarischen Debatte führt, muss jedenfalls auch als rücksichtslos angesehen werden“, sagte das Gericht. Und für besonders rücksichtsloses Verhalten, das die öffentliche Ordnung stört, sehe §81 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) eben Strafen vor.

Dieses Gesetz dürfe man aber hier nicht anwenden, urteilt nun der Verfassungsgerichtshof (VfGH). Er verweist auf das Geschäftsordnungsgesetz. Demnach obliegt den Präsidenten des Nationalrats die Ausübung der Sitzungspolizei. So ist es etwa möglich, Ruhestörer von der Besuchergalerie entfernen zu lassen. Das Gesetz regle die Ausübung der Sitzungspolizei aber abschließend, betonen die Richter. Für eine nachträgliche Bestrafung nach §81 SPG bleibe kein Raum, wurde die Störung doch durch die Ausübung der Sicherheitspolizei beendet. Das Straferkenntnis wurde vom VfGH (E 1054/2014) wegen Willkür aufgehoben.

Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ergebe sich, dass Geldstrafen als Sanktion nach einer Störung einer Plenarsitzung ausgeschlossen sind, heißt es aus der Parlamentsdirektion zur „Presse“. Die Präsidentin des Nationalrats habe aber etwa die Möglichkeit, ein Hausverbot gegen bestimmte Personen zu verhängen. (aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

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