Wo "Österreich" steht, darf kein Ausland hinein

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Höchstgericht verbietet es einer Supermarktkette, auf Verpackungen mit dem Hinweis auf einen österreichischen Familienbetrieb zu werben. Denn der Fisch darin ist aus Italien und wurde hierzulande bloß geräuchert.

Wien. „IFS-zertifizierter österreichischer Familienbetrieb“: Mit diesen Worten bewarb ein Lebensmittelhändler auf der Vorderseite der Verpackung sein geräuchertes Forellenfilet (siehe Faksimile unten). Tatsächlich stand ein österreichischer Familienbetrieb hinter der Produktwerdung – aber nur, als es um die Räucherung ging. Die Forellen selbst kamen aus einer italienischen Aquakultur.

Damit würden Konsumenten getäuscht, befand der Wiwe − Schutzverband zur Förderung lauteren Wettbewerbs im In- und Ausland. Und klagte den Lebensmittelhändler Billa wegen der Verpackung. Die Supermarktkette verstand die Aufregung nicht. Ein verständiger Konsument würde aus dem Aufdruck nur ableiten, dass das Produkt in Österreich geräuchert und verpackt worden sei. Dass die Rohprodukte aus Italien kommen, sei ohnehin auf der Rückseite der Verpackung ausgewiesen. Für rechtlich geschützte geografische Angaben sei nicht erforderlich, dass das Rohprodukt aus jenem Land kommt, in dem die Weiterverarbeitung erfolgt. Das müsse dann wohl umso mehr für nicht geschützte geografische Angaben wie in diesem Fall gelten.

Das Landesgericht Wiener Neustadt hielt die Klage aber für gerechtfertigt. Der Lebensmittelkonzern habe es zu unterlassen, auf Produkten oder in der Aufmachung von Lebensmitteln den Hinweis „österreichischer Familienbetrieb“ anzubringen, wenn das Produkt gar nicht aus Österreich stammt. Schließlich hätten die Konsumenten in den vergangenen Jahren eine Präferenz für heimische Produkte entwickelt, weswegen der falsche Hinweis auf der Verpackung den Wettbewerb verzerre.

Das Oberlandesgericht Wien sah das ähnlich. Der Hinweis auf den österreichischen Familienbetrieb führe in die Irre. Der Händler dürfe auf Produkten nicht auf IFS (International Featured Standard) oder ähnliche Zertifikate verweisen, wenn er dafür keine Genehmigung habe. Insbesondere, wenn geräucherter Fisch als von einem „IFS-zertifizierten österreichischen Familienbetrieb“ stammend beworben wird, obwohl der Fisch gar nicht aus dem Inland stammt.

Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte Bedenken gegen die Verpackungsaufschrift und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Es reiche nämlich für die Irreführung schon aus, dass die Herkunftsbezeichnung geeignet sei, „einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen“, erklärten die Höchstrichter. „Ob die Irreführung im Einzelfall tatsächlich bewirkt wird, ist dabei unerheblich; die bloße Gefahr einer Täuschung genügt“, so der OGH (4 Ob 121/15w). Der Hinweis auf der Verpackung sei eine unlautere Geschäftspraktik.

Händler: Verarbeitung wesentlich

Der Lebensmittelhändler kündigte auf Anfrage der „Presse“ an, zu reagieren. „Billa wird die Verpackung des betroffenen Produktes anpassen, ist jedoch überzeugt, Kunden nicht irregeleitet zu haben.“ Man habe nur darauf hingewiesen, dass die Forelle von einem österreichischen Familienunternehmen auf Buchenholz geräuchert wurde.

„Der OGH vertritt nunmehr die Ansicht, mündige Verbraucher könnten die Schlussfolgerung ziehen, dass auch das Rohprodukt aus Österreich stamme. Bei der Verarbeitung von Lebensmitteln ist – gleichmäßige Qualität des Rohproduktes vorausgesetzt – aber der Verarbeitungsvorgang wesentlich, der dem Produkt sein typisches Aussehen und seinen Geschmack verleiht“, argumentierte ein Sprecher des Billa-Mutterkonzerns Rewe.

AUF EINEN BLICK

Der Oberste Gerichtshof (OGH) betont in einem aktuellen Urteil, dass Verpackungsaufschriften Konsumenten nicht über die Herkunft des Produkts in die Irre führen dürfen. Konkret hatte ein Lebensmittelkonzern den Hinweis auf einen österreichischen Familienbetrieb bei geräuchertem Forellenfilet auf die Vorderseite der Verpackung geschrieben. Die Fische stammten aber aus Italien, bloß die Räucherung fand in Österreich statt. Der Hinweis ist rechtswidrig. Entscheidend sei, ob die Aufschrift einen „nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer“ beeinflusse, so der OGH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2015)

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