Anwälte kritisieren Justizminister: „Schlichtweg falsch“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Rupert Wolff, Präsident des Rechtsanwaltskammertags, wirft Brandstetter vor, sich in der Frage der Erhöhung des Anwaltstarifs auf nicht existente Bestimmungen auszureden.

„Das ist schlichtweg falsch“: Mit diesen Worten geht Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, auf Konfrontation mit Justizminister Wolfgang Brandstetter. Grund für die heftige Attacke ist der Konflikt um die von den Anwälten geforderte Anpassung des Rechtsanwaltstarifs an die Inflation.  Brandstetter hatte gegenüber der APA zwar Verständnis für die Forderung geäußert; er, Brandstetter, könne die Anhebung aber nicht allein umsetzen. Er brauche nach zwingenden gesetzlichen Vorschriften vielmehr das Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Hauptausschuss des Nationalrats.

Einvernehmen nur mit Hauptausschuss

„§ 25 Rechtsanwaltstarifgesetz regelt klar, wann und wie eine Anpassung der Tarifansätze zu erfolgen hat“, sagt nun Wolff. Dort ist zwar tatsächlich von einem Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats die Rede, nicht aber auch von einem mit dem Finanzminister. Brandstetters Aussagen seien also „schlichtweg falsch“, so Wolff. Für den Anwaltspräsidenten ist die „Unkenntnis des Justizministers bedauerlich“.

Die Auseinandersetzung hatte begonnen, indem die Anwälte beschlossen hatten, die kostenlose erste anwaltliche Beratung auszusetzen. Sie wollen damit ihrer Forderung Nachdruck verleihen, den Tarif anzupassen. Brandstetter hat für die Aktion der Anwälte aber „absolut kein Verständnis“, wie er die APA wissen ließ. Getroffen würden damit vor allem die ökonomisch schwächeren Teile der rechtssuchenden Bevölkerung.

15 Prozent Inflation seit letzter Erhöhung

Die Forderung der Rechtsanwälte kann Brandstetter hingegen sehr wohl nachvollziehen. Es geht ihnen um eine Erhöhung nach Maßgabe der Inflation der letzten sieben Jahre. Seit der letzten Anpassung des Rechtsanwaltstarifs im Jahr 2008 sei eine Geldentwertung von mehr als 15 Prozent eingetreten. Eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 25 RATG, die eine Festsetzung eines Zuschlags notwendig mache, sei nach der jahrzehntelangen Praxis des Justizministeriums bereits ab einer zehnprozentigen Steigerung des Verbraucherpreisindexes  seit der letzten Anpassung anzunehmen. „Bundesminister Brandstetter hat mir mehrfach persönlich versichert, dass unsere Forderung berechtigt ist. Es ist für mich daher nicht nachvollziehbar, warum er sich jetzt auf „zwingende gesetzliche Vorschriften“ beruft, die so nicht existieren“, sagt Wolff.

Zivilprozesse schon jetzt sehr teuer

Das Ministerium vertritt grundsätzlich die Meinung, dass der Zugang des Bürgers zum Recht nicht noch schwerer werden sollte. Zivilprozesse seien bereits kostenintensiv, wie folgendes Beispiel zeige: Bei einem Streitwert von 10.000 Euro summierten sich nach einer Klage (Mahnklage), Klagebeantwortung (Einspruch), vorbereitendem Schriftsatzwechsel / zwei Verhandlungen zu je zwei Stunden die Vertretungskosten auf 5.320,99 Euro; weitere 707 Euro machen die Gerichtsgebühren aus.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.