Die Grünen prangern das milde Gesetz an, das Autohersteller schütze. Das Verkehrsministerium interpretiert die Norm aber anders: Die Strafe gelte pro Auto.
Wien. „Wenn man ein Vergehen begeht, muss die Strafe spürbar sein. Umweltdelikte sind keine Kavaliersdelikte.“ Der grüne Verkehrssprecher, Georg Willi, ist verstimmt. Höchstens 5000 Euro Strafe könnten VW für Autos mit manipulierten Abgaswerten in Österreich drohen, sagt er.
Grund sei die Regelung in § 134 Abs 1c des Kraftfahrgesetzes. Darin heißt es, dass jemand, der gegen die EU-Vorschriften zur Betriebserlaubnis von Fahrzeugen verstößt, „mit einer Geldstrafe bis zu 5000 Euro zu bestrafen ist“. Pro Hersteller, nicht pro manipuliertem Fahrzeug, erklärt Willi. Er will eine Gesetzesänderung, nach der Konzerne in solchen Fällen zwischen fünf und 25 Prozent des Neuwagenpreises als Strafe zahlen müssen. Pro manipuliertem Auto. Die genaue Summe solle abhängig vom Einzelfall festgelegt werden. Bei 60.000 Autos pro Jahr à 1000 Euro Strafe müsste VW dann allein dafür 60 Millionen Euro Buße zahlen, so die grüne Rechnung. Und sie werde noch höher, da ja rund 360.000 Autos aller VW-Konzernmarken in Österreich vom Dieselskandal betroffen sein sollen.
Ministerium: Gesetz irrelevant
Im Verkehrsministerium interpretiert man das Gesetz anders: Man müsse dieses so lesen, dass pro Auto 5000 Euro Strafe verhängt werden kann, sagt eine Sprecherin von Verkehrsminister Alois Stöger zur „Presse“. Ausjudiziert sei dies aber nicht. Doch das Gesetz habe ohnedies keine Relevanz. Denn nur das Land, in dem die europäische Typengenehmigung ausgestellt wurde, dürfe strafen. Österreich sei aber kein Land der Autohersteller, nur eines der Zuliefererbetriebe.
Neue Nahrung durch die Causa VW erhält auch der Ruf nach Gruppenklagen, mit denen mehrere Geschädigte zusammen Klage gegen ein Unternehmen erheben können. Zwar gibt es seit 2007 einen Gesetzesentwurf, umgesetzt wurde dieser aber nicht. „Jetzt zeigt sich, dass wir die Gruppenklage dringend brauchen. Worauf wartet Justizminister Brandstetter noch?“, fragt der grüne Justizsprecher, Albert Steinhauser.
„Wir wollen das Instrument der Sammelklage noch in dieser Legislaturperiode – so bald wie möglich– umsetzen. Dafür sind wir aber darauf angewiesen, dass sich die Justizsprecher auf eine Reform verständigen“, heißt es dazu aus dem Kabinett Brandstetter.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2015)