Die große Stunde von Chinas Yuan

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Die chinesische Währung Yuan könnte am Montag zur fünften offiziellen Reservewährung erklärt werden. Ein wichtiger symbolischer Schritt für den Aufstieg Chinas.

Wien/Washington/Peking. In China wird diese Woche wohl in die Geschichtsbücher eingehen, denn die Landeswährung Yuan soll schon heute, Montag, vom Internationalen Währungsfonds mit dem Titel „Reservewährung“ geadelt – und in den Währungskorb des IWF aufgenommen werden.

Mit dieser von vielen Analysten erwarteten Entscheidung würde der chinesische Yuan nach fast vier Jahrzehnten der Reformen auf Augenhöhe mit Dollar, Euro, Pfund und Yen rangieren. Die Reform des Währungskorbes, der eine positive Yuan-Empfehlung der IWF-Experten im November vorausgegangen ist, ist aber vor allem eines: eine politische Entscheidung mit Symbolkraft.

„Keine zusätzliche Nachfrage“

Auf den Märkten wird sie, da sind sich die Analysten der meisten Banken einig, erstmal keine großen Konsequenzen nach sich ziehen. Die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb des IWF gilt als overhyped, als künstlich angetriebenes Thema, denn die technischen Hintergründe sind weitaus weniger spektakulär, als es auf den ersten Blick scheint. Weder ist die formale Aufwertung des Yuan automatisch positiv für die chinesische Währung – noch ist sie automatisch negativ für den US-Dollar, der als globale Leitwährung am meisten zu verlieren hätte.

„Es entsteht keine automatische zusätzliche Nachfrage nach dem Yuan und entsprechender Verkaufsdruck auf den Dollar vonseiten der Notenbanken, nur weil der IWF seinen Währungskorb entsprechend anpasst“, schreibt Valentin Hofstätter, Finanzanalyst der RBI Wien in einem aktuellen Paper. Schon jetzt können die Zentralbanken jede Währung als Reserve halten, die sie wollen – auch den Yuan. Dass mehr als 60 Prozent der globalen Währungsreserven in Dollar gehalten werden, liegt am Status der US-Währung als globale Rohstoff- und Handelswährung. Dieser ist durch die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb des IWF nicht gefährdet. Tatsächlich gibt es bis heute nur eine ernst zunehmende Alternative zum Dollar: den Euro, der im Währungskorb und bei den Währungsreserven auf Platz zwei liegt.

Währungskorb und Währungsreserven haben aber keinen direkten Zusammenhang. Vielmehr dient der Währungskorb lediglich zur Errechnung des Wertes der sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR) des IWF. Diese Kunstwährung ist Ende der 1960er-Jahre entstanden. Notenbanken halten vom IWF zugewiesene Kontingente an SZR, die sie untereinander handeln können, um bei Bedarf an echte Währungen zu kommen.

Die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb sei zwar ein „Prestigegewinn für die chinesische Währung, die deren Akzeptanz als international wichtige Währung sicher eher fördern als hemmen wird“, so Hofstätter. Die Nachfrage nach dem Yuan hängt aber viel eher von der Politik Pekings ab – und wie rasch China die Attraktivität des Yuan als Handels- und Anlagewährung weiter steigern könne. Das ist auch der Grund, warum China es sich nicht nehmen lassen wird, die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb groß zu feiern. Allerdings: Sollte der IWF dies am Montag tatsächlich beschließen, würde die Änderung formal ohnehin erst im Oktober 2016 in Kraft treten.

Der Yuan ist jetzt erwachsen

Aktuell besteht der Währungskorb aus US-Dollar (41,9 Prozent), Euro (37,4), Pfund (11,3) und Yen (9,4). Von den Analysten wird erwartet, dass der Yuan auf Anhieb im knapp zweistelligen Bereich landen wird – knapp vor dem Yen, aber hinter dem Pfund, was ihm in der Rangliste der Reservewährungen vorläufig den vierten Platz einbringen würde.

Alle bisherigen Reservewährungen werden bei Aufnahme des Yuan ein bisschen Platz im Währungskorb abgeben müssen. Dass es den US-Dollar am stärksten trifft, ist zu erwarten – aber keineswegs sicher. Außerdem gilt für die bereits etablierten Währungen: Der IWF-Korb ist eine symbolische, politische Angelegenheit – ohne direkte Auswirkungen. Nichtsdestotrotz kann man die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb durchaus als weiteren Meilenstein von Chinas Aufstieg zur wirtschaftlichen Supermacht betrachten. Der Yuan ist jetzt erwachsen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2015)

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